No Blacks, no Asians? – (Unser) Alltagsrassismus beim Dating

Wie Vorurteile und unbewusste Präferenzen unser Datingverhalten bestimmen. Wie rasssistisch handeln wir bei der Partnersuche? Wollen wir wirklich nur weiße Menschen daten und schwarze nicht? Warum ist das so?

„Gib mir mal die Hautfarbe rüber“

Meine Tochter und ich sitzen am Küchentisch und malen. Sie sagt: „Gibst Du mir bitte mal die Hautfarbe rüber?“ Ich gebe ihr wortlos den hellroséfarbigen Stift und komme ins Grübeln. Was sagen eigentlich die Kinder in Afrika? Meinen sie, wenn Sie von „Hautfarbe“ sprechen dann den brauen Stift? Natürlich, was sonst, oder? Ist es nur eine Frage der Perspektive oder schon Alltagsrassismus, wenn meine Tochter mit dem „hautfarbenen“ Buntstift eben nicht den braunen oder ockerfarbenen meint, sondern ausschließlich den ihrer eigenen nordeuropäisch weißen Hautfarbe entsprechenden?

Einen Tag später erhalte ich von meiner Redaktion den Auftrag, einen Artikel über „Rassismus beim Dating“ zu schreiben. Ich bin zwar ahnungs- aber nicht meinungslos. Nur oft ist ja genau Letzteres das Problem. Deshalb will ich es faktischer angehen und rufe meine Freundin an. „Habt ihr schon mal mit rassistischen Bemerkungen in Eurer Beziehung zu tun gehabt?“. Meine Freundin, eine sehr nordisch blasse, wässrig-blauäugige Blondine, ist mit einem schwarzen Briten zusammen. Seit nunmehr 9 Jahren. Sie haben zwei Kinder.

Welche Auswirkungen hat eine diskriminierende Atmosphäre?

Das Äußere meiner Freundin und das ihres Mannes könnte nicht unterschiedlicher sein. Meine Freundin hat lange in England gelebt, dort hat sie Dannell* kennengelernt. Er ist in England geboren, seine Eltern stammen aus Jamaika und gehören zur sogenannten „Windrush“-Generation, das sind die Menschen, die zwischen 1948 und 1971 aus den britischen Kolonien in der Karibik auf Einladung Londons ins Vereinigte Königreich kamen, um das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen. Als Gegenleistung wurde ihnen gestattet, sich dort niederzulassen.

Die Migranten aus der Karibik fanden in wiederaufgebauten Vierteln, Wohnungen vor, die Slums glichen. Die Reaktion der einheimischen Briten ließ nicht lange auf sich warten. In den Geschäften und Pubs hingen unübersehbare Schilder mit der Aufschrift „No blacks, no dogs, no irish“. Was macht es mit Menschen, in so einer diskriminierenden Atmosphäre aufzuwachsen? Welche Auswirkungen hat es auf nachfolgende Generationen?

Man bleibt eben gern unter sich

Nur darüber zu lesen, lässt in mir die Wut über diese Ungerechtigkeit aufsteigen. Fragt man Dannell nach seinen Erlebnissen, lehnt er sich zurück und antwortet ruhig. Er könne sich an keine schlimmen rassistischen Bemerkungen erinnern. Karibische Gelassenheit? Verdrängung? Oder einfach Glück gehabt? Dennoch haben sich meine Freundin und ihr Mann noch kurz vor dem Brexit entschlossen, nach Deutschland (zurück) zu kommen.

Eine Leidensgeschichte kann ich hier also nicht finden. Was habe ich auch erwartet? Meine Freundin ist Punk, ihr steht die „komm mir nicht zu nahe, sonst hau´ ich dich“ Attitüde ins Gesicht geschrieben. Und Dannell? Ein IT-Crack und Crime Spezialist, dessen Ausstrahlung, eine Mischung aus „ich weiß Bescheid“ und „mir ist alles egal“, jeglichen Angriff auf seine Person lächerlich erscheinen lässt.

Ich frage mich, ob sich einige Menschen vielleicht einfach besser schützen können als andere, merke allerdings sofort, dass die eigentliche Frage lauten muss, warum es überhaupt Schutz braucht. Warum überhaupt Bewegungen wie „Black Lives Matter“ ins Leben gerufen werden müssen. Warum einige von uns nach ca. 300 000 Jahren Menschheitsgeschichte immer noch glauben, es gäbe körperliche Unterschiede, die Machtverhältnisse rechtfertigen können. Das nur der richtig liegt, der sich eine Beziehung bzw. einen Partner derselben Hautfarbe und Nationalität sucht.


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