Liebe in den Zeiten von Corona: Streit, wo es nie zuvor Streit gab

Ben und Verena sind jetzt Feinde

Es ist noch nicht lange her, dass die Weisung gilt, soziale Kontakte total zu einzuschränken, ein paar Wochen erst, aber bei Verena und Ben hängt der Haussegen schon gewaltig schief. Vor ein paar Tagen haben die beiden sogar in getrennten Schlafzimmern geschlafen. Nicht weil sie die Nähe nicht mehr ertragen können, weil sie sich täglich auf der Pelle hocken, nein, weil sie sich immer mehr streiten. Ben hat angedroht, dass er seinem Freund Bescheid gibt, er könne kommen, der Wein steht schon kalt. Der Freund würde sich auf die Aussicht auf Geselligkeit freuen. Verena ist ausgerastet und schrie Ben an: „Deinen Kumpel schmeiße ich raus!“ Diese Drohung hat Ben echt wütend gemacht. „Von Respekt spüre ich gerade gar nichts mehr. Wo kommen wir dahin, wenn meine Frau meinen Freund rausschmeißt, das ist übergriffig.“

In letzter Minute für die Beziehung den Rettungsschirm spannen

Die Fronten haben sich in den letzten Tagen verhärtet. Statt sich lautstark zu streiten, sind Verena und Ben in eisiges Schweigen verfallen und gehen sich in der Wohnung aus dem Weg. Verena telefoniert täglich mit ihrer Schwester Grit und weint sich aus. Grit steht Verena und Ben sehr nah. Sie ist für das Einzelkind Ben wie eine Schwester.

„Grit hat gesagt, dass wir echt aufpassen müssen, dass wir nicht hier und jetzt etwas säen, was uns noch zu schaffen macht, wenn Corona längst hinter uns liegt. Sie vermutet, dass die Feindseligkeit in unserer Ehe doch zumindest teilweise daher rührt, dass Ben einen Lagerkoller hat. Und ich sei einfach mit den Nerven runter. Es sei doch wirklich gerade eine Zeit, wo der häusliche Frieden von besonderer Bedeutung ist. Die Liebe, sie sei das, was uns allen gerade Mut gibt und Hoffnung. Grit flehte mich an, Ben und ich mögen bitte nicht auf unserer Liebe herumtrampeln, auch wenn sie den Freiheitsdrang von Ben nachvollziehen kann. Meine Sicht versteht sie allerdings noch besser. Ob es am Geschlecht liegt, ob Frauen und Männer unterschiedlich mit der Bedrohung umgehen? Grit will quasi als Mediatorin für uns wirken, sie wird mit Ben sprechen. Ich sehe wieder Licht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie auf Ben einwirkt und dass er sich darauf einlässt, dass wir beide, er und ich, hier einfach noch eine Weile allein für uns bleiben, damit wir alles tun, um andere und uns nicht zu gefährden. Ich weiß, dass Ben seine Eltern besuchen will, weil er sie sehr liebt, es ist bitter, doch er kann jetzt nicht hin. Auch für seine Eltern wäre es nicht gut, wenn er Kontakt zu ihnen hat, obwohl sie fit sind. Aber sie sind weit über 70. Ich setze darauf, dass Grit Ben klar macht, wie wichtig es ist, gesund zu bleiben und wirklich alles Erdenkliche dafür zu tun, damit wir – wenn diese schrecklichen Zeiten endlich vorbei sind – nicht vor den Scherben unserer Ehe stehen, sondern stattdessen wieder unser Glück uneingeschränkt genießen dürfen.“

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