Sex im Alter: Warum stellen wir uns so an?

Es ist immer noch ein Tabu-Thema: Sex im Alter. Warum nur, fragen wir uns, kommen wir doch alle in die Jahre und könnten froh darüber sein, dass gerade Senioren durchaus zufrieden mit ihrem Intimleben sind und uns alles andere als die sexuelle Ödnis vorleben. Wilde Aussichten also, oder?

Im Grunde ist es überaus erstaunlich, dass wir immer noch über Titelzeilen wie „Hilde (79) und Werner (84): Wir haben zweimal in der Woche Sex!“ stolpern und dabei über diese so wenig neue wie originelle Verlautbarung verwundert, erschrocken oder gar peinlich berührt sein können. Eigentlich sollte man mit dieser Selbstverständlichkeit doch keine Schlagzeilen mehr machen können. Möchte man glauben. Aber „Sex im Alter“ ist immer noch ein Thema, dem sich offenbar nicht ganz so leichtfüßig zu nähern ist, wie irgendeiner, statistisch absolut irrelevanten, abenteuerlichen Sexualpraktik eines transsexuellen Mitzwanzigerpärchens, welche, nebenbei bemerkt, vermutlich auch die wenigsten unter uns in unserem Alltag irgendwie betreffen wird. Sex im Alter schon. Nämlich uns alle. Es ist unausweichlich. Einfach weil wir altern. Und das tun wir immer länger, weil wir immer älter werden, bei besserer Gesundheit als unsere Großeltern oder auch Eltern. Mehr als jeder Vierte in Deutschland ist über 60 Jahre alt. Das sind verdammt viele. Da ist es dann schon sehr einschränkend, wenn uns Sex ab 50 schon seltsam und ab 70 undenkbar vorkommt. Warum nur fällt es uns so schwer, darüber nachzudenken oder gar zu sprechen?

Alles eine Frage des Blickwinkels

Möglicherweise ist es eine Frage des eigenen Alters. Sie kennen bestimmt die befremdliche Vorstellung, als Sie sich mit 14 Jahren fragten, ob Ihre Eltern wohl (noch) Sex haben. Oder andere „ältere“ Leute, sagen wir mal über 30. Man verortet sich in seiner Altersgruppe. Mit 14 denkt man über sexuelle Annäherungen nach, mit jemanden der genauso alt ist wie man selbst. Mit 25 wird man etwas variabler, da kann der vorgestellte oder reale Sexualpartner auch mal 5 Jahre älter oder jünger sein. Aber im Grunde bewegen wir uns vorstellungsmäßig in sehr engen Grenzen. Nicht umsonst sind große Altersunterschiede bei Paaren (leider) immer noch ein Anstoß für öffentliches Interesse. Weil es eben nicht die Norm ist.

Warum ist das so? Ganz banal gesprochen: Wir essen halt am liebsten, was wir kennen. Mit 14 wissen wir, wie 14-Jährige so ticken, wie ein entsprechender Körper ausschaut und sich anfühlt. Überdies gehen wir von den ungefähr gleichen Erfahrungen und Vorlieben aus. Die eigene Gruppen- (in diesem Falle Altersgruppen-)orientierung hört auch nicht mit 25, 40 oder 70 auf. So ist es einfach für uns nicht gut vorstellbar, was jenseits der eigenen Altersgrenze passiert und sich gut und richtig anfühlt. Das gilt insbesondere für die Vorausschau. Denn hier kommt erschwerend hinzu, dass wir keinerlei Erfahrungen haben. Wenn wir zurückblicken, erscheint uns auch so manches befremdlich oder peinlich, aber vor allem, weil wir uns heute so viel reifer und wissender fühlen, dass es wohl am ehesten ein Berührtsein über die damalige Unschuldigkeit und Naivität ist. Nicht eben aus einer Unkenntnis heraus, was der Blick in die Zukunft zwangsläufig immer auch ist. Und Unkenntnis erzeugt zunächst Angst und Abwehr.


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