Wenn Shoppen zur Sucht wird und die Beziehung belastet

Wege aus der Kaufsucht – Wie kann der Partner helfen

Der wichtigste Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie ist zunächst einmal die Einsicht in das problematische Verhalten und der Wunsch, etwas verändern zu wollen. Auch Ihnen als Partner sollte klar sein, Sie werden nicht helfen können, wenn der Betroffene sich nicht helfen lassen will. Diese Entscheidung muss von dem Kaufsüchtigen selbst getroffen werden. Sie können nur für ihn da sein, ihm zuhören und ihre Sicht auf sein Verhalten schildern, d.h. nicht davor zurückzuscheuen, ihn mit seinem problematischen Kaufverhalten zu konfrontieren. Und vor allem: Verleihen Sie kein Geld für weitere unnötige Einkäufe. Sie werden es wahrscheinlich nicht nur nicht zurückbekommen, sondern es hilft dem Betroffenen auch nicht.

Erste Erleichterung kann schon bringen, wenn das pathologische Verhalten offen auf dem Tisch liegt und kein Tabu mehr ist. Auch die Vertuschung des Problems (Verstecken, Entsorgen von Einkäufen etc.) kostet viel Energie und verstärkt die Krankheitsdynamik. Sehen Sie nicht mehr darüber hinweg. Bestärken Sie Ihren Partner, sich dem Problem zu stellen und Hilfe zu suchen.

Wege aus der Kaufsucht: Therapie

Die Verfügbarkeit und die Zugänglichkeit von geeigneten therapeutischen Behandlungskonzepten ist eng an die klassifikatorische Einordnung und die Anerkennung der Kaufsucht als eigenständige Erkrankung gebunden. Hier kann man auf die Zukunft hoffen. Bislang scheinen vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze Erfolg in der Behandlung des pathologischen Kaufverhaltens zu versprechen.

Zunächst gilt es, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um dem finanziellen Ruin Einhalt zu gebieten. (4) Dazu gehört neben der Übersicht über die Verschuldung auch das Sperren von EC- und Kreditkarten. Eine gute Möglichkeit ist es, nur noch mit Bargeld zu bezahlen und dieses auch nur in kleineren Summen bei sich zu tragen. Das verschafft zunächst einen Überblick über die Ausgaben. Ebenfalls kann das Anfertigen eines Kauftagebuches dabei helfen. Das erste störungsspezifische, kognitiv-behaviorale Therapiekonzept stammt von Burgard und Mitchell aus den USA. (5)

Eine deutsche Forschergruppe aus Erlangen führte seit 2003 eine kontrollierte Psychotherapiestudie durch. In der von ihnen entwickelten ambulant, kognitiv-behavioralen Gruppentherapie geht es in 12 wöchentlich stattfindenden Gruppensitzungen über die Vermittlung, was pathologisches Kaufen überhaupt ist und dem Erkennen der eigenen gestörten Kaufverhaltensweisen zunächst um die Entwicklung einer Änderungsmotivation. Selbstbeobachtung, Verhaltensanalysen, Erlernen von Stimuluskontrolle und Selbstkontrolltechniken, kognitive Umstrukturierung und graduierte Exposition mit Reaktionsmanagement (Konfrontation mit dem Verhalten, Einkaufssitutionen gezielt und begleitet aufsuchen und mögliche Reaktionen beobachten/erlernen) sind die dabei zum Einsatz kommenden verhaltenstherapeutischen Techniken. (2), (6) Um Rückfälle zu vermeiden und auslösende Situationen zu kennen, müssen sich die Betroffenen auch mit ihrer individuellen Krankengeschichte und den zugrunde liegenden Ursachen für die Erkrankung auseinandersetzen.

Das Therapieziel besteht natürlich vorranging in der Reduktion von unangemessenen Kaufattacken. Da sich auf das Einkaufen jedoch langfristig nicht gänzlich verzichten lässt, muss auch ein adäquater Warenkonsums erlernt werden, der sich zum einem am Bedarf aber auch an den finanziellen Mitteln orientiert.

Das Gruppenkonzept hat sich dabei als besonders geeignet herausgestellt, da die Tendenz zur Verleugnung und Rationalisierung bei den Patienten enorm hoch ist und sich in diesem Setting die Betroffenen mit den oft sehr subtilen Vermeidungstaktiken und schlecht angepassten Verhaltensweisen gegenseitig konfrontieren können. Deshalb werden auch im Fall der Kaufsucht Selbsthilfegruppen sehr empfohlen.

Erste Ansprechpartner auf der Suche nach geeigneten Therapiemaßnahmen sind natürlich der Haus- oder Facharzt, aber auch Suchtberatungsstellen, Landesstellen für Suchtfragen oder psychotherapeutische Ambulanzen.

Literatur & Quellen:

(1) https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-0033-1359898

(2) https://www.karger.com/Article/PDF/79429

(3) Die Oniomanie (krankhafte Kauflust) wurde schon vor über 100 Jahren von Emil Kraepelin dem “impulsiven Irresein” zugerechnet. Damalige Krankheitsschilderung: Die Oniomanie, „die den Kranken veranlaßt, sobald sich ihm dazu Gelegenheit bietet, ohne jedes wirkliche Bedürfnis in großen Mengen einzukaufen. Hunderte von Halsbinden oder Handschuhen, Dutzende von Anzügen, Hüten, Überröcken, Schmucksachen, Spazierstöcken, Uhren.“ https://archive.org/stream/b21295967_0001/b21295967_0001_djvu.txt, S. 409

(4) http://www.sparheld.de/ratgeber/kaufsucht.pdf

(5) Burgard M., Mitchell J.E.: Group cognitive-behavioral therapy for buying disorder. In Benson A.: I Shop, therefore I Am: Compulsive Buying and the Search for Self. New York, Jason Aronson, 2000, S. 367 ff.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16460670

(6) Müller, A., De Zwaan, M., Mitchell, J.E.: Pathologisches Kaufen: Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual. Deutscher Ärzteverlag, 2008 


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