Sie konnte ihm nicht verzeihen, dass er das Kind nicht wollte

Schwangerschaftsabbruch, weil der Mann es wollte? So hat es Judith lange gesehen – und fast ihre Ehe aufgegeben. Birgit Ehrenberg hat für beziehungsweise eine höchst emotionale und traurige Geschichte dokumentiert

Das Kind wäre jetzt fünf, ob Junge oder Mädchen, Judith, seine Mutter, weiß es nicht. Sie hat das Baby nicht auf die Welt gebracht. Judith hat schon zwei Kinder mit ihrem Mann Jan, sie sind eine glückliche Familie. Doch ein drittes Kind, das kann ich mir nicht vorstellen, hat Jan gesagt.

Judith lebt nun seit fünf Jahren mit ihrem ungeborenen Kind, in ihrer Phantasie wächst es bei ihr auf. Judith sieht es, wenn sie andere Kinder in dem Alter beobachtet, zufällig auf der Straße, ein Nachbarskind, im Supermarkt, bei Freunden. Wenn es ein Mädchen gewesen wäre, hätte Judith es Rosa genannt. Sie wünschte sich immer ein Mädchen, sie hat zwei Söhne, die sie sehr liebt: Felix und Carl. Aber noch ein Mädchen, das war Judiths Traum.

Seit fünf Jahren weint sie an Rosas errechnetem Geburtstermin, an Rosas Geburtstag – wenn es eine Rosa geworden wäre. Judith hat lange daran festgehalten, an Rosa. Sie konnte Jan nicht verzeihen, dass er das Kind nicht wollte.

„Eines muss ich klarstellen“, sagt Judith, „Jan hat mich in keiner Weise zu diesem Schritt gedrängt, das würde er nie tun, dann wären wir auch nicht mehr zusammen. Jan ist ein sanfter Mann, er hat stets ausnahmslos auf meine Bedürfnisse und auf die der Kinder geachtet. Er ist kein Softie, er weiß, was er will. Er ist jemand, der einen ernst nimmt, dem es wirklich wichtig ist, was sein Gegenüber denkt und fühlt, vor allem ich, er liebt mich. Und er liebt unsere Söhne. Die Familie ist sein Ein und Alles.“ Warum hat er das dann getan, die Schwangerschaft abgelehnt? Die Frage steht sofort im Raum.


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