Vom Partner lernen

Warum es uns manchmal so schwerfällt, Wissen des Partners anzunehmen, wie das möglich ist und weshalb dadurch Beziehungen wachsen und stärker werden.

Eigentlich kennt sich fast jede/r in mindestens einer bestimmten Sache besonders gut aus. Man ist Experte auf dem Gebiet. Oft ist es die berufliche Ausbildung, die einem dieses Spezialwissen vermittelt oder es ist über jahrelange Praxis und Erfahrung angewachsen. Auch intensiv betriebene Hobbys oder Interessen lassen einen zum Experten werden.

Dieses Wissen hat man dann „mehr“ als andere. Auch als der eigene Partner, wenn dieser nicht zufällig zufällig denselben Beruf ausübt oder den gleichen Spezialinteressen nachgeht. Soweit so gut. Und nicht weiter aufregend. Letzteres wird es nur, wenn das Mehrwissen zum Besserwissen wird oder wenn der Partner darauf besteht, dass sein Fachwissen vom anderen angenommen, umgesetzt, und auch entsprechend kommuniziert wird. 

Es geht hier um die Erwartung, dass das Gegenüber den gleichen Grad an Spezialisierung und Präzision in dieser Sache annimmt. Implizit wird damit auch der Vorwurf laut: „Wenn du es nicht genau so machst und sagst, wie ich es dir vormache, dann kann ich dich nicht verstehen und es kann so auch nicht richtig werden.“ Damit wird die Sache zum Konfliktthema in der Beziehung –und dem auf diese Art verbesserten Part der Beziehung wird es sehr schwerfallen, das Wissen des Partners anzunehmen. Zurecht, stecken doch eine gewisse Überheblichkeit und Abwertung des Partners darin. Dabei ist es natürlich vollkommen vermessen und auch unangebracht, die gleiche Expertise und Sachgenauigkeit von jemanden zu verlangen, der nicht ansatzweise die gleiche Ausbildung und Erfahrung hat. 

Wissenstransfer in der Partnerschaft 

Interessanterweise wird dies oft auch von der Umwelt erwartet. Mir zum Beispiel wird als Frau eines Arztes in der Regel viel mehr medizinische Kenntnis zugesprochen als jeder anderen Person in unserem Umfeld, die nicht mit einem Mediziner verheiratet ist. Als ob man quasi mit der Ehe dieses Wissen übernimmt. Anfang der 1990er Jahre wurde uns diese Art Wissenstransfer sogar über die Werbung suggeriert. „Ich als Zahnarztfrau, weiß worauf es ankommt. Ich kenne mich aus… und wähle daher Perlweiss für schonend weiße Zähne“. Man fragte sich, warum die Frau des Zahnarztes einen weißen Kittel trägt und warum nicht der Experte selbst, also ihr Ehemann, vor der Kamera steht, sondern sie. Aus Marketinggesichtspunkten und für die Absatzzahlen war es sicher damals kein schlechter Claim. Aber es steckt natürlich auch noch eine andere Botschaft darin.  

Natürlich ist es nicht völlig falsch, dass wir immer auch ein wenig vom Wissen des Partners „abbekommen“. Das ist ein ganz natürlicher Alltagseffekt und passiert fast automatisch. Jedenfalls dann, wenn man sich füreinander interessiert und über die Dinge des Lebens austauscht. Positiv ist auch die Lernerfahrung, die Bereicherung und Erweiterung des eigenen Horizontes, die dabei heraus kommen kann. Die rein inhaltlich-faktische Ebene ist prima und könnte zunächst einmal konfliktlos sein. Wäre da nicht die Ebene der Kommunikation und Beziehung. Und die lässt sich in einer Partnerschaft natürlich nicht ausschalten. Von einem Partner erwartet man eine Begegnung auf Augenhöhe, einen gleichgewichtigen Austausch und nicht das Verhältnis wie vom Lehrer zum Schüler.  

Wissen oder Besserwissen 

Es kommt also darauf an, wie das Wissen verpackt wird. Allgemein ist es so, wenn es nur darum geht, alles besser zu wissen oder zu belehren, dann wird es schwierig. Wir sprachen schon darüber, dass es mit – wenn auch gut gemeinten – Ratschlägen so eine Sache ist. Wenn jemand konkret um Rat bittet, dann mag er willkommen sein. Ungebetene Ratschläge dagegen, werden leicht als Kritik empfunden. Und jemand, der sich als Entscheider und Macher wahrnimmt, tut sich besonders schwer damit, Rat anzunehmen. Warum ist das so? 


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