Ihr Ex ist ihr bester Freund

Maria und Lukas führen eine glückliche Ehe. Richard, ihr Ex, ist ihr bester Freund. Bis dato war das für alle kein Problem, man verstand sich bestens. Doch mit einem Mal keimen in Lukas Zweifel auf und zwischen ihm und seiner Frau entfacht ein Streit. Kann man mit dem Ex wirklich nur befreundet sein?

Plötzlich ist der Ex als bester Freund ein Tabuthema

„Wenn ich verstehen könnte, was plötzlich in Lukas gefahren ist, könnte ich darauf eingehen“, sagt Maria, „dann könnte ich damit umgehen. Ich weiß nicht, ob ich mein Verhältnis zu Richard ändern würde, ob ich ihn weniger sehen würde, keine Ahnung. Es ist auch nicht so, dass ich Richard jede Woche treffe. Lukas und ich, wir führen unser Leben, unser schönes Leben. Richard ist quasi das Bonbon obendrauf. Die meiste Zeit verbringe ich mit Lukas, Ich liebe ihn sehr und bin total glücklich mit ihm, er ist mein Mann und nicht Richard.

Müsste ich zwischen den beiden wählen, würde ich mich für Lukas entscheiden. Aber ich möchte mich natürlich gar nicht entscheiden. Auf alle Fälle nehme ich das sehr ernst, dass Lukas auf einmal fast schon allergisch auf Richard reagiert. Wenn ich sonst abends mit ihm bei einem Vortrag war und wir danach noch was trinken gegangen sind, habe ich entspannt bei Lukas angerufen und gefragt, ob er dazukommen mag. Diese Ungezwungenheit ist dahin. Ich weiß gar nicht, wie das angefangen hat. Es hat sich eingeschlichen, würde ich sagen. Irgendwann hat Lukas komisch geguckt, wenn ich gesagt habe, nachher kommt Richard noch vorbei. Seit ein paar Wochen ist das leider der Normalfall. Lukas guckt immer komisch, wenn es um Richard geht, selbst, er ist schon genervt, wenn ich nur seinen Namen erwähne.“

Der Keim des Misstrauens ist gesät

Lukas: „Am besten kann ich es auf diese Weise ausdrücken: mir ist die Unschuld im Umgang mit Richard verlorengegangen. Es gab vor einiger Zeit ein Gespräch mit einem Kumpel, der sprach mich direkt darauf an, ob ich das nicht verdächtig finde, dass Maria eine derart innige Freundschaft mit ihrem Ex führt, quasi eine richtige Nebenbeziehung. Ich habe sofort protestiert, denn ich weiß ja, dass Maria von Richard überhaupt nichts will. Das war schließlich der Grund, dass die beiden auseinander sind. Tolle Gespräche über Kant und Schopenhauer, tote Hose im Bett. Maria und ich dagegen konnten und können voneinander nicht genug kriegen, wir sind sexuell wie füreinander gemacht. Das ist ein Ding für die Ewigkeit, da bin ich sicher. Da nutzt sich nichts ab, das wird immer besser. Deshalb würde ich auch schwören, dass ich nicht eifersüchtig bin auf Richard. Eifersucht hat doch immer mit Sex zu tun. Oder?

Aber vielleicht hat mein Kumpel doch einen Keim des Misstrauens gesät, es gärt in mir, das spüre ich. Ich bin kein Typ, der etwas verdrängt. Ich setze mich mit mir auseinander, ich habe echt versucht, herauszufinden, was mich auf einmal an Richard auf die Palme bringt.

Kann die Freundschaft rein platonisch sein?

Beim Rumgoogeln bin ich darauf gestoßen, dass es so etwas wie die „seelische Geliebte“ gibt, das ist der Ausdruck für die platonische Freundin eines Mannes. In dem Text stand, dass die seelische Geliebte wirklich gefährlich werden kann für die Ehe, denn schließlich teilt sie mit dem Mann richtig viel, auch wenn sie nicht das Bett mit ihm teilt. Aus diesem Teilen erwächst eine Nähe, die sogar eines Tages zu körperlicher Intimität führen kann. Vielleicht habe ich davor Angst? Vielleicht befürchte ich, dass Richard Marias seelischer Geliebter wird oder es schon immer war? Mir ist es vor Maria und Richard fast peinlich, dass ich plötzlich rumzicke wie ein Mädchen, aber ich kann nicht aus meiner Haut.

Er merkt natürlich, dass ich mein Verhalten geändert hab, er ist echt taktvoll. Er fragt mich nicht, was los ist, drängt mich nicht. Dafür müsste ich ihm eigentlich dankbar sein, doch es macht mich eher aggressiv, Richard ist immer perfekt. Er ist nur im Bett nicht perfekt. Ja, wenn ich mich so reden höre, dann bin ich vielleicht doch eifersüchtig? Vielleicht kam das alles von jetzt auf gleich, die Eifersucht. Vielleicht war sie bereits länger in mir, und mein Kumpel hat durch sein Gerede alles nach oben geholt? Vielleicht habe ich doch meine Gefühle unterdrückt, weil ich cool sein wollte und mich überschätzt habe? Ist das jetzt mein Problem, dass ich Richard am liebsten von hinten sehe? Oder ist das unser Problem, das Problem von Maria und mir? Das ist die entscheidende Frage.“


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