Was macht Romantik wirklich mit uns? 3 Mythen über Romantik in der Überprüfung

1. Mythos: Romantik ist Sonnenuntergang und Kerzenlicht

So formuliert ist das natürlich totaler Quatsch. Allenfalls würde ich Folgendes durchgehen lassen und als Wissenschaftlerin bestehe ich hier auf etwas Pedanterie: Ein mit der geliebten Person gemeinsam erlebter Sonnenuntergang oder auch ein schönes Abendessen bei Kerzenlicht, könnten unter gewissen Umständen bei einigen emotionalen Menschen in einer sehr speziellen Situation und Verfassung ein schönes und bereits vorhandenes Gefühl der Verbindung zum anderen verstärken. Oder auch als Versinnbildlichung dafür gehalten werden. Dieses Gefühl könnte sich dann z.B. in Ausrufen wie „Ach, ist das romantisch!“ äußern.

Wenn wir noch etwas wissenschaftlich bleiben, gibt es hier drei abhängige Variablen: 1. das Individuum, 2. die Situation und 3. das zugrunde liegende Gefühl. Dann, und nur dann, können der Sonnenuntergang, das Kerzenlicht, drei Millionen Rosenblätter, Handtuchschwäne oder was auch immer als Sinnbild der Romantik erlebt wird, zu einer romantischen Stimmung beitragen. Ob die Symbolik dann auch so erlebt wird, steht und fällt mit der Person selbst. Die aktuelle Stimmungslage ist dabei nicht ganz unwichtig. Wenn ich gerade mies drauf bin, dann kann die Sonne noch so oft untergehen und eine Kerze nach der anderen hübsch runterbrennen, da wird sich in Sachen Romantik nichts regen.

Auch werden hier Erfahrungen und gesellschaftliche Prägungen wirksam. Schon als Kind lernen wir, wenn Mama eine Kerze anzündet, ist entweder Weihnachten oder sie will es allen besonders schön machen oder wenn Papa Rosen mitbringt und einen Zettel auf den Küchentisch legt, auf dem ein Kussmund und ein „Ich liebe Dich“ steht, dann ist es offenbar etwas, was gut ankommt und den Eltern ein gutes Gefühl beschert.

Letztlich ist aber das, was als romantisch bezeichnet wird, für sich genommen überhaupt nicht romantisch (ein Sonnenuntergang ist eben auch nur ein schnödes Naturereignis). Aber was gibt es Schöneres als ein Gefühl mit einer Symbolik verbinden zu können und dann, wenn man sie braucht, darauf zu rückzugreifen. Rosenblätter aufs Bett gestreut, zack, alles gesagt. Was braucht es da noch viele Worte.

Dass es „Klassiker der Romantik“ gibt, wie eben der erwähnte Sonnenuntergang, liegt einfach daran, dass uns diese Bilder und Versinnbildlichungen schon über Generationen und Jahrhunderte hinweg begleiten. Wir haben gelernt, dass das eine oder andere Zeichen benutzt wird, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Auf dieses überindividuelle und generationsübergreifende Wissen kommen wir gern zurück, wenn uns selbst nichts einfällt oder aber, wenn wir denken, der andere erwartet derartige romantische Gesten, man selbst aber nicht  so der „Typ für Romantik“ ist. Womit wir schon beim zweiten Mythos sind.


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