Warum nicht den besten Freund heiraten?

Die Reise muss zur Vernunft als Maßstab für die Liebe gehen. Es muss ein Ende damit haben, die Vernunft zu verdammen, Vernunft ist nicht langweilig. Man muss und kann Vernunft als eine kreative und produktive Weise der Liebe sehen. Vernunft als Motor bewirkt zum Beispiel, dass wir viel milder und liebevoller mit dem Partner sind.

Jetzt bestätigen Sie Arnold Retzer. In seinem Buch „Lob der Vernunftehe“ beschreibt er sehr genau, wie zu viel Romantik einer Beziehung sogar erheblich schaden kann.

Das ist ein kluger Mann, der Arnold Retzer. Er versteht etwas von der wahren Liebe. Was ist denn die romantische Perspektive, wie ist mein Blick auf mein Gegenüber, wenn ich romantisch bin? Ich schaue dann durch die vielzitierte rosarote Brille. Ich sehe den anderen nicht, wie er ist, sondern wie er sein soll oder wie er in dem Moment ist, von dem ich mir wünsche, er möge ewig sein. Das wird schwierig, wenn der andere sich verändert, alt wird, dicker wird …

Für mich ist Liebe, den anderen zu sehen, wie er ist. Die romantische Sicht ist ein Gefängnis, eine Verzerrung, eine Überforderung, ja, eine schädliche Sicht. Mir kommt diese banale Sache in den Sinn: Am Anfang müht man sich, dass der Partner nicht merkt, dass man ein menschliches Wesen ist, das eben manchmal schwitzt und täglich zur Toilette geht, man will „rosarot“ gesehen werden, ein ätherisches Wesen sein. Das bedeutet: Ich werde geliebt, weil ich vollkommen bin.

Um wie viel liebevoller ist es aber, wenn der Mensch, der mich liebt, einen klaren Blick auf mich hat, mich in meinen ganzen Bedingtheiten und Begrenztheiten erkennt und genau deshalb – oder trotzdem – sagt und fühlt und zeigt: „Du bist vollkommen, weil ich Dich liebe.“


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