Von einer Beziehung auf Augenhöhe zum kuschenden Heimchen

Eine starke Frau und Persönlichkeit: Im Büro ist Greta dominant und selbstbewusst, zu Hause wird sie zum Heimchen, das sich aufopfert. beziehungsweise-Autorin Birgit Ehrenberg über ein gefährliches Rollenspiel

Greta gilt in ihrem Umfeld als der Inbegriff einer emanzipierten Frau. Sie ist als Architektin beruflich erfolgreich, sie engagiert sich in einer Partei, sie ist ein politischer Kopf, ein echter Freigeist. Sie ist noch für die Rechte der Frauen auf die Straße gegangen und lässt sich in keiner Männerrunde die Butter vom Brot nehmen. Ihr bestgehütetes Geheimnis: in ihren eigenen vier Wänden schlüpft sie mehr und mehr in die Rolle der willfährigen Frau, die sich selbst voller Entsetzen dabei beobachtet, wie sie ihre eigenen Interessen in den Hintergrund stellt, wie sie darauf bedacht ist, dass es vor allem ihrem Mann Hugo gutgeht.

Greta macht sich zum Opfer, sie leidet darunter, sie schämt sich sogar dafür. Angefangen hat alles damit, dass Hugo, mit dem sie seit 21 Jahren eine glückliche Ehe auf Augenhöhe führt, seinen Job als Geschäftsführer in einer Werbeagentur verloren hat. Finanziell war und ist das kein Problem. Hugo hat eine stattliche Abfindung bekommen und verdient inzwischen als freiberuflicher Berater eine erhebliche Summe. Aber Hugos Selbstwertgefühl war nach der Kündigung im Keller, er hat sich immer sehr über seine Arbeit definiert, es ging ihm über Monate seelisch schlecht, das hat die Beziehung des Paars enorm belastet. Greta war in großer Sorge um ihren Mann.

Es hat sich eingeschlichen, dass Greta Hugo in Watte packt, dass sie ihn von vorn bis hinten bedient und nicht mehr deutlich sagt, was sie sich wünscht von der Ehe und vom Leben im Allgemeinen. Um des lieben Friedens willen hat Greta das getan, was Frauen seit Jahrhunderten getan und eigentlich nicht mehr tun wollen: Sie kuscht.

Gretas Beruf ist der eine Sinn ihres Lebens, der andere ist Hugo

Greta: „Das ist seit geraumer Zeit ein typischer Abend bei uns: Ich komme um 20 Uhr aus dem Büro, ich bin erschöpft. Ich habe Hunger. Ich weiß, dass für Hugo an diesem Tag nur ein einziger Termin auf der Agenda stand. Ansonsten lag nichts an. Er hatte also Zeit, Zeit zum Einkaufen, Zeit zum Kochen. Hugo kocht sehr gern. Das heißt, früher hat er gern gekocht. Jetzt koche ich, egal, wann ich von der Arbeit komme. So auch an diesem Abend.


Weitere interessante Beiträge