Es genügt nicht, wenn nur einer will

Nach all der Zeit, nach Tagen und Wochen des Wartens, da war es, das Lebenszeichen von ihm, auf das unsere anonyme Autorin so lange gewartet hatte. Nun hatte sie nicht mehr damit gerechnet. Ist es zu spät für sie?

An einem langweiligen, trüben Abend im November tinderte plötzlich dein Foto über mein Handy. Ich war sofort fasziniert von deinem schelmischen Grinsen und den strahlenden Augen. Ich hatte mich immer gefragt, wofür diese Superlike Sterne da sind. Jetzt wusste ich es. Es dauerte nicht lang und du schriebst zurück. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Ich war ein gebranntes Kind, zu oft belogen und betrogen worden und wollte daher schnell wissen, ob du ehrliche Absichten verfolgst und tatsächlich Single warst – oder nur nebenbei deinen Spaß wolltest.

Du hast ehrlich geantwortet, dass du eine Beziehung hättest, die dich aber nicht glücklich macht. Ich weiß noch, ich war so enttäuscht, die Vorstellung, dass du auch nur einer dieser Männer sein solltest, die sich unverbindlich alles offen halten wollen, passte für mich so gar nicht zu dem Mann, der mir schrieb. Ich versuchte es damals kurz zu halten, gab dir nicht meine Handynummer und bat dich, vor einem ersten Treffen deine Verhältnisse zu regeln. Ich wollte keiner Frau das antun, was mir passiert war und ich wollte keinen Mann, der von Anfang an zweigleisig fährt.

Du hast mich immer wieder um ein Date zum Kaffee gebeten oder ein spontanes Treffen auf der Brücke, die unsere beiden Stadtteile voneinander trennte, vorgeschlagen, aber zumindest beim Treffen blieb ich hart. Meine Handynummer hattest du da bereits. Wir waren uns so nahe, obwohl wir uns noch nie gesehen hatten, wir teilten unsere geheimsten Gedanken miteinander, wir beide spürten die Magie und umso länger es dauerte, desto mehr zweifelte ich an meiner strikten Haltung einem ersten Treffen gegenüber.

Aber bei deiner Beziehung tat sich nichts. An den Wochenenden war sie bei dir, du hast dich selten gemeldet und es war unglaublich schwer, die furchtbaren Gedanken, die sich mein Kopf ausmalte, zu ertragen. Aber unter der Woche hatten wir jeden Abend unsere Verabredung, wenn auch nur über WhatsApp.


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