Der Mann, der einmal ein Mädchen war – ein Buchtipp

Ricardo wurde als Anja geboren. Schon früh wusste er, dass seine Seele und sein Körper nicht zusammenpassen. Doch bis er den Mut fand, sich zu outen und seine wahre Identität zu leben, vergingen viele Jahre. Jahre voller Angst, Jahre des Versteckens, des Doppellebens, des Ertragenmüssens. Seine bewegende Lebensgeschichte hat Ricardo nun aufgeschrieben.

„Sollte ich mich den Mädchen anschließen und so tun, als würde ich gerne mit Puppen spielen? Oder sollte ich mit den Jungs zusammen an Autos basteln und meinem Gefühl folgen? Kopf gegen Herz. Damals gewann Kopf – immer.“
Ricardo Föger

Ricardo Föger heißt noch nicht immer Ricardo. Um genau zu sein heißt er erst so, seitdem er 24 Jahre alt ist. Davor wurde Ricardo Anja genannt. Von seiner Familie, seinen Freunden, seinen Mitschülern, von allen. Obwohl Ricardo schon früh wusste, dass er „anders“ ist, dass er im falschen Körper steckt, spielte er 24 Jahre lang nach außen einen Menschen, der er im Inneren nicht war. Nämlich Anja.

Ricardos bewegende Geschichte

Ricardo wurde 1987 in Silz, einem kleinen Dorf in Tirol, als Anja Föger geboren. Bereits im Kindergarten wusste Ricardo, der im Körper der kleinen Anja steckte, dass rosa Kleider und Puppen nicht zu ihm passten. Auch die rote Tür zur Mädchentoilette fühlte sich falsch an. In der Volksschule merkte Ricardo immer häufiger, dass seine Interessen nicht denen der anderen Mädchen glichen – und obwohl er so sehr versuchte sich anzupassen, reagierten Kinder und Erwachsene immer wieder komisch auf sein „jungenhaftes“ Verhalten. Richtig schlimm wurde es dann, als Ricardo als Anja die Hauptschule besuchte, wo eine strikte Geschlechtertrennung bei vielen Kursen vorherrschte. Während der Pubertät wollte er morgens oft nicht mehr aufstehen. Zu sehr schmerzte die Ausprägung der äußeren Geschlechtsmerkmale, die ihm jeden Tag unmissverständlich klarmachten, dass er eine Frau war. Für Ricardo kaum zu ertragen.

Nach der Schule machte Ricardo eine Ausbildung bei der Polizei – und blieb auch dort ein Einzelgänger, wurde als Mannsweib und Lesbe gemobbt. Schließlich beginnt Anja als Ricardo zu daten, fliegt aber auf und möchte sich schließlich mit 24 Jahren das Leben nehmen.

Das ist der Wendepunkt

Ricardo beschließt endlich, sich bei seiner Familie und im Dorf zu outen. Er beginnt eine Hormontherapie und entscheidet sich dazu, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen. Der Startschuss in ein neues Leben. 24 lange Jahre trug Ricardo eine Maske, die er sich nicht traute abzusetzen. Aus Angst vor Verurteilung. Davor ausgeschlossen zu werden. Aus Angst vor den vorgefertigten Mustern der Gesellschaft, die man nun mal nicht so einfach durchbricht.

In seinem Buch berichtet der heute 34-Jährige von seinem inneren Kampf, von den Lektionen, die er gelernt und den (schmerzhaften) Erfahrungen, die er gemacht hat. Er erzählt, wie es ist, im selben Ort neu anzufangen und von den Menschen, die ihn auf seiner Reise begleitet und an ihn geglaubt haben. Eine davon ist seine große Liebe Miriam. Zusammen mit ihr hat für Ricardo damals ein neuer Weg begonnen.

“Mein Buch soll nicht nur meine Leidensgeschichte beschreiben, es soll
Menschen dabei helfen, ihre ganz eigene Seelenfarbe zu
entdecken und sich damit zu identifizieren.”

Auf direkte, ehrliche und detailreiche Art und Weise möchte Ricardo über Transidentität aufklären, enttabuisieren, zum Nachdenken anregen, Gefühle anstoßen und Herzen öffnen. Wir finden, das ist ihm gelungen!

Hier liest du einen Buchauszug aus dem 9. Kapitel des Buches, das die besondere Liebesgeschichte von Ricardo und Miriam beschreibt.

Miriam und Ricardo am Tag ihrer Hochzeit, ©Rudolf Aichinger

Weitere interessante Beiträge