Die Generation beziehungsunfähig ist ein fauler Mythos

Beziehungsunfähig, entscheidungsunfähig, orientierungslos: So wird unsere Generation derzeit gern beschrieben. Es liegt an uns, diesen Eindruck zu korrigieren

Wir lesen dieser Tage viel über unsere Generation, die bereits Anfang der 1990er plump auf den Namen „Generation Y“ getauft wurde. Weil ein „Y“ an sich noch nicht sehr aussagekräftig ist, haben sich eifrige Beobachter des Zeitgeists neue und griffigere Bezeichnungen ausgedacht. „Generation beziehungsunfähig“ zum Beispiel.

Man hat viel über diese ominöse Generation beziehungsunfähig gelesen, sogar in den großen Tages- und Wochenzeitungen. Vielleicht sogar gestritten. In den Buchläden ist die entsprechende Publikation „Generation beziehungsunfähig“ ja ohnehin ein Longterm-Mega-Seller. Aber auch das Internet quillt über vor entsprechenden Zustandsbeschreibungen, Anekdoten, Befindlichkeiten, Diagnosen, Anklagen und Diskussionen. Und das hat seinen guten Grund, denn vieles davon trifft einfach den Nagel auf den Kopf. Viele von uns finden sich (oder ihre Freunde) in diesen Schilderungen wieder. Die Frage ist nur:

Haben wir nicht langsam mal genug geheult?

Die Realität lässt sich nicht leugnen. Ja, es stimmt, irgendwas ist wohl los mit uns. Ich nehme mich da nicht aus. An anderer Stelle war hiervon bereits die Rede. Folgendes sollte man aber bedenken: Das Wuchern von Beziehungsangst und gestörten Bindungen wird nicht zuletzt aufgrund eines gesteigerten Kommunikationsbedürfnisses stärker öffentlich gemacht als noch vor einigen Jahren, Social Media sei Dank. Das heißt: Wir sind nicht unbedingt „beziehungsunfähiger“ als früher, aber wir nehmen derartige Phänomene stärker wahr. Wir sind sensibilisiert und wittern überall, was wir erwarten – eben gerade, weil wir es erwarten.


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