Die Generation beziehungsunfähig ist ein fauler Mythos

Wir haben eigentlich null Bock auf die Selbst-Pathologisierung der Generation beziehungsunfähig

Es liegt wie bereits gesagt im Trend, nach Diagnosen für alles zu suchen, das uns irritiert oder irgendwie komisch vorkommt. Wenn irgendwas nicht klappt, muss auch irgendwas mit uns los sein. Ist ja logisch, möchte man meinen. Aber das stimmt eben nicht in einem absoluten Sinne.

Probleme hat jeder Mensch, jede Beziehung und jede Generation. Und zwar zur Genüge. Das ist menschlich. Daraus eine „Krankheit“ zu machen, sagt eher etwas über unsere Denkweise aus als über unsere Generation selbst. Wir sind gewiss die Generation, die wie keine vor uns Lebenshilfe-Ratgeber verschlingt, Herzens- und Seelen-Probleme offen benennt und weitgehend gelernt hat, sie als Teil des Menschseins zu akzeptieren. Das ist gut so. Das war früher anders. Doch gleichzeitig neigen wir auch zum Pathologisieren, zum Krankreden.

Sich als Generation beziehungsunfähig beschreiben, bedeutet Flucht

Im Übrigen schmeckt eine Selbstbeschreibung als „Generation soundso“ (wie z.B. Generation beziehungsunfähig, Y, X, was auch immer) immer ein wenig nach Flucht. Ich fliehe vor meiner Individualität, möchte in der Gesamtheit einer Generation verschwinden, mich verstecken dürfen hinter Verallgemeinerungen wie eben jener der Generation beziehungsunfähig. Die Konsequenz ist Verantwortungsabgabe. „So sind wir nun mal, ich bin nur ein Rädchen im Getriebe.“ Das ist allerdings eine problematische Sichtweise. Denn sie impliziert Handlungsunfähigkeit. Wer lange Zeit glaubt, nichts ändern zu können, wird am Ende wahrscheinlich das Ruder loslassen, anstatt es rumzureißen.

Wenn etwas mit unserer Generation los ist, sprich: Wenn es Probleme gibt, dann heißt das aber noch lange nicht, dass wir uns genüsslich im „neurotischen Sumpf“ suhlen wollen. Das mag zwar auf den ersten Blick ganz trendy sein und ein Lebensgefühl widerspiegeln, das viele teilen. Aber in Wirklichkeit haben wir null Bock auf diese ständige Selbst-Pathologisierung. Irgendwann reicht’s halt auch mal. Vielmehr wollen wir:

Leben, lieben und lachen

Das klingt jetzt trivial, ist es aber nicht. Kein Mensch will unzufrieden oder unglücklich sein. Und wenn uns etwas unzufrieden und unglücklich macht, dann wollen wir es eigentlich ändern, auch wenn uns manchmal der Mut und der Wille hierfür fehlen. Denn wir alle wollen glücklich sein, das ist das höchste Ziel. Wenn wir also tatsächlich die ominöse Generation beziehungsunfähig sein sollten, dann wollen wir eigentlich auch etwas daran ändern. Und das ist verdammt gesund so!

Nein, das hier soll keine Augenwischerei sein. Kein Weichspülen der Realität. Kein kindischer Wunschtraum. Sondern ein Entschluss. Wenn etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte, dann muss man halt etwas unternehmen. Und es dann tun. Das ist genauso anstrengend wie lohnenswert.


Weitere interessante Beiträge
Alterslüge: Wie sage ich, dass ich mich jünger gemacht habe?
Weiterlesen

Alterslüge: Wie sage ich, dass ich mich jünger gemacht habe?

Alter ist nur eine Zahl? Ja. Und nein. Beim Dating schummeln wir uns auf unseren Onlineprofilen nicht nur größer, schlanker, (erfolg-)reicher – auch das Alter wird mitunter in die eine oder andere Richtung „optimiert“, um die Chancen beim anderen Geschlecht zu erhöhen. Wie geht man damit um, wenn man sich für jünger ausgegeben hat als man ist? Zwei Betroffene erzählen. 
Weiterlesen

Vom Finden der Liebe in Zeiten des Perfektionismus

Als unsere beziehungsweise-Autorin Julia Malz eine Studie über Auswahlprobleme beim Online-Dating las, stieß sie auf zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die Partnersuche. Während „Maximizer“ das absolute Optimum anstreben, gehen „Satisficer“ durchaus Kompromisse ein. Doch wie klappt es denn nun am besten mit dem Finden von Mr. und Mrs. Right?