Der Knoten in meiner Brust

Vor 1,5 Jahren ertastete unsere Autorin einen Knoten in ihrer rechten Brust. Eine Zeit voller Ängste und Unsicherheiten begann. Ihre bewegende Geschichte hat sie für uns aufgeschrieben

Mein Herz klopfte

Die Ärztin war unglaublich freundlich und behutsam. Erst tastete sie und dann legte sie mir beide Hände auf die Schultern und blickte mich mit sanften Augen an. Sie erklärte mir, dass sie nicht von Krebs ausgeht, aber dennoch einen Ultraschall empfiehlt, um sicher zu gehen. Als ich gerade aus der Türe gehen wollte, sagte sie mir, dass ich versuchen sollte, mir keine Sorgen zu machen. Selbst wenn der Knoten in meiner Brust Krebs wäre, hätte ich ihn frühzeitig entdeckt und das würde meine Heilungschancen unheimlich steigern. Wirklich beruhigt hat mich das damals nicht.

Ich lag auf einer Liege in einem abgedunkelten Raum. Der Arzt verteilte das kalte Gel auf meiner Brust und blickte konzentriert auf den Bildschirm. Ich sah nur Schneegestöber. Und dann stoppte er, ich erkannte es auch. Er setzte Markierungen, um die Größe zu bestimmen. 1,6 x 0,7 x 1,8 Zentimeter. So groß ist mein Knoten damals. Ich wartete und hoffte, dass er mir gleich Erlösung schenkt, denn das Ziehen in meiner Magengegend war nur schwer zu ertragen. Und dann begann er endlich zu reden. Er erklärte mir, dass er von einem Fibroadenom ausgeht, dass beide Brüste kleine Zysten aufweisen würden. Und das erst einmal nicht besorgniserregend sei. Mir plumpsten Wackersteine von der Seele. Ich solle einmal im Jahr zur Kontrolle gehen, sagte er und ich nickte.

Kein Krebs. Kein Krebs. Ich hatte keinen Krebs.

Ein Jahr später. Ich war bereits in Tansania. Die letzten Wochen spukte das Thema Brustkrebs immer wieder in meinen Träumen herum. An mutigen Tagen fasste ich an meine Brust und bemerkte, dass der Knoten größer geworden war. Ich habe Angst. Mein Partner durfte diese Brust schon länger nicht mehr berühren. 

Also vereinbarte ich einen Termin in der Frauenklinik. Die Ärztin tastete. Und entdeckte einen geschwollenen Lymphknoten unter meiner Achsel. Sie wurde ernster und bat mich, einen Termin mit einer Radiologin zu vereinbaren. Die Tage bis zu diesem Termin verschwimmen in meiner Erinnerung zu einer milchigen Suppe. Als ich endlich auf ihrer Liege lag, veränderte sich langsam ihr freundliches Gesicht und ihr Blick wurde ernst. Auch sie misst die Größe des Knotens. 2,5 Zentimeter ist er nun lang. Er ist gewachsen. Und auch die Struktur hatte sich verändert. Sie fragte mich, ob ich die Möglichkeit habe, nach Deutschland zu gehen und mich dort untersuchen zu lassen, da sie Krebs nicht mehr ausschließen könne. Ich hatte einen Kloß im Hals. 

Eine Woche später saß ich mit meinem Sohn im Flieger. Er freute sich auf Oma und Opa. Ich hatte Angst. Und gleichzeitig bin ich dankbar, um das Privileg auf das deutsche Gesundheitssystem zurückgreifen zu dürfen – absolut keine Selbstverständlichkeit. Da Tansania als Hochrisikogebiet gilt, mussten wir fünf Tage in Quarantäne. In dieser Zeit vereinbarte ich Termine bei einer Frauenärztin und in der Frauenklinik.

Meine Angst wurde mit jedem Tag größer

Die Frauenärztin schallte erneut, tastete aber keinen vergrößerten Lymphknoten mehr. Sie legte mir eine Stanzbiopsie ans Herz. Bei dieser Methode werden unter örtlicher Betäubung mittels einer Hohlnadel kleine Gewebeproben entnommen, die später im Labor untersucht werden. Die einzige Methode um klar bestimmen zu können, was da in mir wächst. Ich nickte stumm, hörte ihren Worten zu und konnte sie doch nicht fassen. Ich hatte Angst, mit Anfang 30 und einem kleinen Kind gegen Krebs kämpfen zu müssen.

Die Biopsie war nach etwa 10 Minuten vorbei, das Warten begann. Nach vier Tagen – natürlich lag noch ein Wochenende dazwischen, wäre sonst ja auch langweilig – kam der erlösende Anruf. Der Knoten in meiner Brust ist ein Fibroadenom. Kein Krebs. Ganz sicher kein Krebs.


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