Was es heißt, immer füreinander da zu sein

Danach hieß es wieder warten. Unsere Nerven waren inzwischen zum Zerreißen gespannt. Wir zickten uns gelegentlich entnervt an, besannen uns aber eines Besseren. Es half ja nichts. Inzwischen durfte ich immerhin mein Stationszimmer beziehen. Monotones auf und ab laufen. Gespräche und kurze Telefonate auf dem Balkon. Gegenseitiges Knuddeln und Küsse. Irgendwann schauten wir schon gar nicht mehr auf die Uhr.

Ein Zeichen wahrer Liebe

Inzwischen war es 22 Uhr und wir waren seit zwölf Stunden unterwegs. Ich war durch die Schmerzen und vor Müdigkeit unglaublich erschöpft. Plötzlich kam eine Krankenschwester herein. „Hop, hop! Es geht los!“ Meine Gefühle fuhren in diesem Moment Karussell. Angst, Erleichterung, Panik … Ich weiß nicht, was überwog. Nun hieß es, schnell ins OP-Hemd schlüpfen und los. Mein Partner wollte und durfte mich bis in den Aufwachraum begleiten. Er half sogar, mein Krankenbett in den OP-Bereich zu bringen. Bis die Ärzte mich zu sich holten, um mir die Narkose zu verabreichen, blieb er an meiner Seite. Er streichelte meine Hand und kraulte meinen Kopf. „Wenn du heute Nacht einigermaßen fit bist, melde dich, damit ich weiß, dass alles gut ist.“ Ich nickte erschöpft. Warum die Ärzte und Krankenschwestern die Anwesenheit meines Partners so lange duldeten, ist mir bis heute ein Rätsel – aber ich bin ihnen unglaublich dankbar dafür.

Als ich aus der Narkose erwachte, war ich unheimlich erleichtert. Ich hatte es überstanden, auch wenn mir schlagartig unheimlich übel wurde. Auf meinem Zimmer schaute ich auf die Uhr: 4:15 Uhr. Ich schrieb allen, die ich liebte, eine kurze Nachricht und bekam sogar eine Antwort. Es war mein Partner, der solange wach geblieben war, bis ich mich meldete.

Ich erfuhr, dass es eine sehr komplizierte Operation gewesen war. Mein Blinddarm war schlimmer entzündet als vermutet und Verwachsungen hatten sich darum gelegt. Nichtsdestotrotz kam ich durch die gute Pflege des Krankenhauspersonals und dank starker Schmerzmittel schnell wieder auf die Beine. Nach vier Tagen durfte ich nach Hause.

Nach der Operation war ich zwei weitere Wochen krankgeschrieben. Mein Partner, aber auch seine Familie, kümmerte sich rührend um mich. Er machte mir das Bett, sodass ich bequem liegen konnte. Er half mir hoch, denn ich konnte mich vor Schmerzen nicht aus eigener Kraft aufrichten. Er hielt mich davon ab, Teller aus dem Schrank zu nehmen, da ich dafür meinen Bauch hätte strecken müssen. Er band mir die Schuhe. Er kochte mir Tee. Er fuhr weitere Male mit mir zum Arzt.

Diese Zeit in meinem Leben hat mir gezeigt, was das heißt, „in guten und in schlechten Zeiten“. Es heißt: immer, wirklich immer, und unter allen Umständen füreinander da zu sein und zueinander zu stehen. Das hast du getan und dafür danke ich dir aus tiefstem Herzen, Lieblingsmensch!


Weitere interessante Beiträge
Plötzliches Schweigen - eine Generationssache?
Weiterlesen

Generation Kontaktabbruch. Wisch und weg?

Was mal eben schnell mit einem Wisch beginnt, endet ebenso rasch. Nie zuvor war es so leicht, Kontakte mit anderen Menschen zu knüpfen. Und nie zuvor wurden Menschen so lange hingehalten und kommentarlos verlassen. beziehungsweise-Chefredakteur Eric Hegmann über die Generation Kontaktabbruch