Mein Partner zeigt keine Initiative

Worum geht es wirklich, wenn Partner über gemeinsame Aktivitäten streiten? Worauf ihr achten solltet, damit eure Wünsche erfüllt werden.

Emotionale Themen lassen sich nicht auf Sachebene lösen

Warum alle drei Strategien scheitern müssen: weil dieser Konflikt nur oberflächlich gesehen ein Streit über Sachthemen darstellt. In Wirklichkeit geht es um höchst emotionale Themen, die sich eben nicht lösen lassen, wenn die Partner aneinander vorbeireden, weil sie versuchen einander zu überzeugen statt sich besser zu verstehen.

Das ist eine Grundlage der Paarkommunikation: Alle Kommunikation geschieht auf mehreren Ebenen.

Da ist einmal das Sachthema, in unserem Fall eben das Finden einer gemeinsamen Aktivität.

Auf der Selbstoffenbarungsebene wird es schon etwas gefühlvoller: ein Partner möchte mit dem anderen etwas unternehmen, der andere jedoch würde lieber etwas anderes machen oder vielleicht auch gar nichts. Dabei ist nicht schon klar, ob alleine oder gemeinsam. Und hier ist bereits eine große Falle.

Denn auf der Beziehungsebene versteht der aktive Partner nahezu immer: „Ich will nichts mit dir zusammen unternehmen, deshalb gebe ich mir keine Mühe.“ Das mag sein, muss aber nicht. Hilfreich wäre, hier zu prüfen: „Möchtest du Zeit mit mir verbringen? Und wenn ja: wie und wo?“ Gut möglich, dass die Antwort darauf nämlich lautet: „Unbedingt, ja! Wie wäre ein Wochenende im Bett?“ Schade nur, dass dieses Gespräch nicht in Gang kommt, weil die Zurückweisung der Aktivitäts-Idee oft interpretiert wird als Zurückweisung des Partners. 

Gemeinsame Aktivitäten können vielfältig sein

Partner A wünscht sich mehr gemeinsame Zeit, verkleidet diesen Appell in einen konkreten Vorschlag – der allerdings nicht so begeistert aufgenommen wird wie erhofft. Die Schlussfolgerung von Partner A: Mein Partner interessiert sich nicht für mich, will keine Zeit mit mir verbringen. Egal, welche tollen Ideen ich auch anbringe.“

Partner B hat ein ganz anderes Aktivitäts-Bedürfnis. Er lässt sich ganz gerne mitziehen, aber weil ihm andere, häusliche Aktivitäten viel mehr Freude bereiten, ist er auch nicht sonderlich kreativ. Er geht ab und an mit, um Partner A eine Freude zu bereiten. Schmerzlich vermisst er dabei, dass dies bemerkt und gewertschätzt wird. Stattdessen erlebt er permanent Vorwürfe und Ablehnung, wenn er dann doch mal etwas vorschlägt, er sei nicht kreativ, würde nichts für die Beziehung tun und undankbar sein. Ihm wird permanent seine Sorge bestätigt, er sei ein schlechter Partner.

Nun sind gemeinsame Aktivitäten wichtig und sinnvoll für eine hohe Beziehungszufriedenheit. Einander in verschiedenen Situationen zu erleben, Neues zu erfahren und durch die Augen des Partners sehen zu können, verstärkt die Bindung. Insofern fühlt sich Partner A durch seine Vorstöße nahezu immer „im Recht“ und hält seine Erwartungen für „richtig“ und die Passivität von Partner B für falsch. Häufig wird nun darüber gestritten, dass man eben in Beziehungen Kompromisse eingehen müsse. In diesem Fall hieße das: Auf 10 Vorschläge von Partner A müssten 5 von Partner B kommen. Und meist kommt hinzu: 10 Vorschläge sind auch mindestens 9 Aktivitäten, die umgesetzt werden, denn „die sind ja gut für die Liebe“.

Ist das wirklich ein Kompromiss, der beide Partner befriedigt denken lässt: Oh ja, auch in zehn Jahren werden mir miteinander viel Freude und Spaß haben! 

Faule Kompromisse sind auf Dauer vor allem frustrierend

Nein. Partner A fühlt sich zunehmend nicht gesehen mit seinen Bedürfnissen und ungeliebt. Partner B fühlt sich zunehmend nicht gesehen mit seinen Bedürfnissen und ungeliebt. Das fliegt irgendwann auseinander. Vor allem wenn die Konflikte zunehmend eskalieren, die Stimmung immer schlechter wird und sich der Frust langsam aber sicher auf andere Aspekte der Beziehung ausweitet. Denn wer sich nicht gesehen und nicht geliebt fühlt, der hat auch auf andere freundliche und liebevolle Verhaltensweisen keine Lust.

Gibt es überhaupt eine Lösung? Nach meiner Erfahrung zumindest keinen „klassischen“ Kompromiss. Ein Tauschgeschäft wäre möglicherweise eine befriedigendere Alternative. Allerdings nur, wenn die Partner verstehen, was sie tauschen können. Dazu gehört, sie verstehen einander so gut, dass sie die Bedürfnisse erkennen, um die es tatsächlich geht.

Im besten Fall geht es beiden Partnern um das Selbe: Gemeinsame Zeit zu verbringen. Nur die Ausführung unterscheidet sich. Partner A will lieber raus und etwas erleben. Partner B will lieber auftanken durch Nähe mit Partner A zuhause. Dann ließe sich verhandeln, wie oft das Paar nun Sofa und Chillen genießt und wie oft Eulen im Wildpark für Instagram fotografiert. Wie gesagt, eigentlich das Einfachste. Aber nur, wenn der Appell: „Ich will aufs Straßenfest!“ dechiffriert wird als: „Ich möchte mit dir gemeinsam etwas erleben. Ein Straßenfest würde mir gefallen. Möchtest du mit mir dort hin?“ (Und ja, die Frage ist berechtigt, die sich hier aufdrängt: Warum das so oft missverstanden wird? Weil es explizit so eben nicht gesagt wurde.)


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