Was soll nur aus uns werden?

Kann sich aus etwas Lockerem etwas Festes entwickeln? Ja, wie diese Geschichte beweist. Aber es gehört eine Menge Mut dazu, zu seinen Gefühlen zu stehen. Denn sonst machen sich zwei Menschen gegenseitig etwas vor und sabotieren dadurch ihr Glück.

Ich stapfe die Treppen zu seiner Dachgeschosswohnung hoch und gehe in Gedanken durch, WAS ich WIE sagen will. Er steht schon oben und schaut mir entgegen.

„Wir müssen reden“, beginne ich, während ich mich an ihm vorbeidränge und an den kleinen Tisch in der Küche setze. „Hör zu, ich kann so nicht weitermachen. Wir hatten viel Spaß, keine Frage. Aber jetzt ist es irgendwie unentspannt geworden. Ich fühle mich nicht mehr wohl“, sprudelt es aus mir heraus. Er runzelt die Stirn. „Was meinst du mit unentspannt?“ Herr Gott, er macht es mir nicht einfach, wenn er dabei so unverschämt sexy aussieht. „Es ist irgendwas in der Luft. Ich kann es nicht genau benennen. Aber … ich glaube, dass da vielleicht Gefühle im Spiel sind.“ So, jetzt ist es raus.

Ein Match Made in Heaven

Wir haben uns vor einem Jahr auf einer Party kennengelernt und sind direkt in der Kiste gelandet. Es war wild, hemmungslos, keine Spur von Scham oder Hemmungen. So wie ein One-Night-Stand sein muss. Bloß, dass es keiner war. Wir trafen uns ab und zu, später immer öfter. Wir wurden körperlich regelrecht abhängig voneinander. Der Sex war phänomenal. Noch nie zuvor hatte ich jemanden getroffen, mit dem ich so intensive Lust erlebt habe. Unsere Körper passen besser zusammen als Yin und Yang. Mit ihm habe ich alles ausprobiert, was man mit einem einzelnen Menschen ausprobieren kann. Und ich wurde einfach nicht satt.  Ich wollte immer mehr, mehr, mehr …

Oder doch nicht?

Bis es seltsam wurde. Wir hatten angefangen, uns zu treffen, ohne dass es im Bett endete. Als ich krank war, kam er und kümmerte sich um mich. In der Stadt nahm er meine Hand. Wir gingen zusammen auf Partys oder mit Freunden in die Kneipe. Vorher war es ganz klar: Wir hatten genialen Sex. Das war unser gemeinsamer Nenner. Unsere Leidenschaft. Jetzt haben wir genialen Sex und irgendwas, dass ich nicht fassen kann. Ich gehe zu ihm und weiß noch nicht einmal, ob ich wieder den besten Orgasmus des Universums bekomme oder nur nett kuschele. Und das macht es seltsam.

Warum tun wir das?

„Von deiner oder meiner Seite?“ Er schaut mir skeptisch in die Augen. „Ich weiß auch nicht. Warum gehen wir gemeinsam spazieren, ohne auf einer Parkbank wilden hemmungslosen Sex zu haben?“„Es ist Winter. Das wäre ziemlich kalt.“ „Oder warum gehen wir ins Kino, ohne dort miteinander herumzumachen?“„Weil wir den Film sehen wollen.“„Du weißt, was ich meine. Warum tun wir das?“„Einfach weil es Spaß macht. Ich bin gern mit dir zusammen. Klar bin ich verrückt nach deinem Körper, und wie du da gerade sitzt, vor Aufregung rote Wangen hast und einen auf Miss Unnahbar machst, da könnte ich dir schon wieder die Klamotten vom Leib reißen. Aber ich mach halt auch gern andere Sachen mit dir. Was ist so falsch daran?“„Nichts. Also doch. Es verwirrt mich. Ich will grad nichts Festes. Und ich will dieses Gefühlschaos nicht. Ich fand es schön so klar, wie es war. Aber so will ich nicht mehr. Tut mir leid.“

Ich stehe schnell auf, bevor ich es mir anders überlege, werfe ihm einen entschuldigenden Blick zu, und stürme aus der Wohnung. Etwas in mir hofft, dass er mir im Treppenhaus hinterherläuft, mich zurückhält, ich verlangsame extra meinen Schritt, aber es kommt nichts.

Ein roter Briefumschlag im Briefkasten

Auch die nächsten Tage passiert nichts. Kein Anruf, keine Nachricht, kein Türklingeln. Ich habe schon die Hoffnung aufgegeben, als ein roter Briefumschlag mit meinem Namen im Briefkasten liegt. Ich reiße ihn auf und mir klappt die Kinnlade herunter. Er hat mir tatsächlich einen Brief geschrieben.


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