Sie hat Bock – Ein Buchtipp

»Wenn du einen Schlüssel hast, der in jedes Schloss passt, hast du den Master-Key. Wenn du aber ein Schloss hast, in das jeder Schlüssel passt, hast du einfach nur ein billiges Schloss!«

So eine vielzitierte, aber jedes Mal aufs Neue brechreizfördernde Volksweisheit. Riecht ihr ihn auch, den widerwärtigen Gestank der Doppelmoral? Aufwerten auf der einen Seite, abwerten auf der anderen. Eine Frau, die promiskuitiv ist, will keiner haben. Schließlich hängt ihr Wert davon ab, wie viele Schwänze sie nicht in sich hatte. Außer im Porno natürlich. Da besteigen sie sie gleich zu mehreren, in jedes Loch mindestens einen. Oder sie spritzen zu zehnt nacheinander in sie rein und auf sie drauf, und genau das ist der Unterschied zwischen dem wahren Leben und dem Porno, zwischen Realität und Sehnsucht: in dem einen werden promiskuitive Frauen verachtet, im anderen sind sie Wichsvorlagen mit Abspritzgarantie. Nicht wenige Männer teilen Frauen auch im Real Life nach der Heilige-und-Hure- Kategorie auf in »Würde ich heiraten« und »Würde ich ficken«. Kein Wunder also, dass so viele von ihnen heimlich fremdgehen müssen.

Aber schauen wir uns unser Narrativ über die Sexualität der Geschlechter doch mal genauer an: Männer dürfen (und sollen) immer wollen. Da sind sie evolutionsbiologisch schon fast zu gezwungen, schließlich will die Natur, dass sie ihren Saft so weiträumig wie möglich verspritzen. Frauen dürfen grundsätzlich auch wollen (da wollen wir mal nicht so sein). Aber bitteschön nur in einer festen Beziehung. Weil sie von Natur aus liebes- und schutzbedürftig sind und überhaupt nur an den potenziellen Nachwuchs denken.

Wie sehr uns dieses Narrativ in unserem eigenen Verlangen (und unser Erzählen davon) prägt, zeigt der US-amerikanische Autor Daniel Bergner in seinem Bestseller Die versteckte Lust der Frauen anhand der Auswertung verschiedener Studien. Zum Beispiel, dass die allermeisten Frauen beim Porno-Gucken weniger Hornyness zugeben, als in ihrer Vagina gemessen wird – sie im Gegenzug aber wesentlich leichter erregbar sind als Männer (tatsächlich fahren sie, fast unabhängig von ihren eigenen sexuellen Präferenzen, auf so ziemlich alles ab, wenn sie entsprechende Filmchen gezeigt bekommen – hetero, homo, bi, mit Tieren … Jaaa, da staunt ihr, was?). Dass sie gerne mal weniger Sexualpartner angeben, als sie tatsächlich hatten (und das Ergebnis sich verändert, wenn man ihnen erklärt, sie an einen Lügendetektor angeschlossen zu haben). Und dass sie innerhalb weniger Jahre die Lust auf ihre Langzeitpartner verlieren (wenn sie also ihre Ehemänner irgendwann nicht mehr ranlassen, dann nicht unbedingt, weil sie grundsätzlich keinen Bock haben – nur halt nicht auf den Kerl, der schon seit zwanzig Jahren ihr Bett warmfurzt).


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