Ich bin dann mal weg: Über die Angst vor (emotionaler) Nähe

Manchmal (aber nicht immer) ist die „Wahrheit“ eben auch: „Der eine kann’s nicht eng und der andere kann’s nicht weit“. Das trifft etwa dann zu, wenn ein sehr anhänglicher, dependenter Mensch auf einen unabhängig-eigenbrötlerischen Menschen trifft. Der eine klammert, umarmt, erdrückt vielleicht, der andere kreist wie ein Satellit um die lockende Erde, streckt aber nur selten die Hand für eine verbindende Berührung aus. In diesem Fall müssen sich beide wohl eingestehen: bei aller vorhandenen Liebe und allem Verlangen – es passt einfach nicht. Die Fliehkraft ist stärker als die Schwerkraft. Das liegt in diesem Fall eben an der Konstellation, nicht an einem der beiden Liebenden. Nicht an den Kräften an sich.

Ist der andere wirklich näheängstlich?

Die Kunst ist es, unterscheiden zu lernen: Ist das, was wir (vor)schnell seine/ihre Angst vor Nähe nennen, echt (sein „Anteil“ des gemeinsamen Scheiterns)? Dann müssen wir uns vielleicht damit abfinden, dass wir inkompatibel sind, wollen wir nicht unsere eigenen Nähe-Bedürfnisse begraben. Oder ist die „Angst vor Nähe“ eigentlich nur vorgeschoben, um der Verbindlichkeit und Verantwortung auszuweichen (was nicht derselbe wie der bisher geschilderte Fall ist)? Dann dürfen wir vielleicht darauf hoffen, dass er/sie eigentlich mit Nähe zurechtkommt, sich vielleicht sogar nach ihr sehnt. Aber wir sollten uns ernsthaft die Frage stellen, ob er/sie diese Nähe wirklich mit uns teilen möchte.


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