Kleine Tyrannen? Wie Kinder die Freundschaften ihrer Eltern bestimmen

Kinder krempeln das Leben ihrer Eltern um. Und das ist auch schön so. Wirklich. Aber die Kinder von Freunden sind manchmal Ausnahmen, erzählt Gastautorin Kirsten Schwieger aus Erfahrung

Ja, ja die lieben Kleinen: Haben immensen Einfluss auf unser Schlaf- und Paarungsverhalten, unsere Essgewohnheiten und die Auswahl von Autos und Urlaubszielen. Aber so weit, dass sie schon unsere Freundschaften bestimmen, ist es noch nicht?

Tja, wer total diszipliniert ist und als treue Seele bereits im Wochenbett zum Mädelsabend lädt oder sich an Heimspiel-Wochenenden mit den Fußball-Buddies plus Babybjörn-Anhang verabredet, ist davon vielleicht noch weit entfernt. Aber selbst wenn dieser Elan anfangs tatsächlich gegeben sein sollte, wird er doch in den meisten Fällen früher oder später dem alltäglichen Pragmatismus weichen.

Zumindest war das bei mir der Fall. Und dafür schäme ich mich nicht im geringsten – schließlich ist das Leben mit Kind(ern) schon kompliziert genug. Angefangen bei Biokisten und regelmäßigen, selbst gekochten Malzeiten, über Mutter-Kind-Turngruppen, Kita-Elternabende und der Recherche kindgerechter Urlaubsunterkünfte, bringt das Elterndasein vor allem eines mit sich: akute Zeitknappheit. Oft in der Kombination mit unfassbarer Müdigkeit.

Mich hat das jedenfalls zur gnadenlosen Pragmatikerin gemacht. Verabredungen werden, wenn überhaupt noch, äußerst effektiv eingetütet. Idealerweise im Viertel oder besser noch gleich Zuhause angesiedelt – wenn nicht  mit einem sowieso anstehenden Event wie Spielplatzbesuch, Fußballtraining & Co. kombiniert. Und ehe ich mich versah, hatte ich einen Großteil meines alten (teilweise noch kinderlosen) Freundeskreises gegen neue Freunde getauscht – nämlich die Eltern der Kinder, mit denen meines befreundet war. Glücklicherweise allesamt sehr sympathisch. Aber auffällig war das schon.

Wie froh war ich da, als meine beste Freundin zeitgleich zu meiner zweiten Schwangerschaft auch ein Kind erwartete, dazu noch ein Mädchen, wie auch ich. Im Geiste sahen wir die beiden schon zusammen beim Babysingen und -schwimmen und uns bei der Kita-Eingewöhnung Hand in Hand. Anfangs war das dann auch so. Doch je älter unsere Töchter wurden, umso mehr musste ich feststellten, dass ich die Tochter meiner Freundin nicht mochte. Sie entwickelte sich (in meinen Augen) zu einer richtigen Zicke: launenhaft, egozentrisch, ja manchmal sogar jähzornig. Als sie meine Tochter bei unseren gemeinsamen Treffen mehrmals gebissen hat, nahm ich dies zum Anlass, die Treffen einzustellen.

Leider bedeutete dies in der Folge ein Einbruch meiner Freundschaft zur Jugendfreundin, da wir uns auch kaum noch zu zweit getroffen haben (akute Müdigkeit und Zeitknappheit, ich erwähnte das bereits). Aber noch mehr hat unsere Freundschaft belastet, dass ich mich nicht getraut habe, ihr meine Antisympathien ihrer Tochter gegenüber zu beichten. Irgendwie war das ein No Go, ein Umstand, der eigentlich nicht sein durfte.

Schöngeredet habe ich mir den mit der Hoffnung, dass es ja vielleicht nur eine Phase ist und das Kind irgendwann eine Tür zu meinem Herz öffnet. Hat sie aber nicht. Und heute stehe ich dazu. Man muss nicht alle Kinder mögen, auch wenn man die Eltern sehr schätzt. Denn trotz desselben Genpools sind es eben unterschiedliche Individuen. Und irgendwann wird bestimmt wieder genug Elan da sein, alte Freundschaften aufzuwärmen. Echte Freundschaften überdauern jedes Kinderchaos.

Sich mit den Eltern der Kinderfreunde gut zu verstehen, ist dagegen großes Glück. Aber sollte der Funke nicht überspringen, ist das kein Drama. Bleibt halt mehr Zeit für die Sprossen- und Knollengemüsezucht, Probestunden beim Kinderyoga oder dem Austüfteln zukünftiger Interrail-Routen für den Nachwuchs.


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