So nah und doch so fern

Und heute weiß ich, er tat das alles nicht mit Absicht. Er konnte nicht anders. Ich hatte ihn so sehr mit seiner eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert. So sehr, dass er fliehen musste. Die Flucht musste für ihn so weit sein, dass er mir bei unserem vorletzten Treffen eröffnete, drei Jahre ins Ausland zu gehen. Für mich brach eine Welt zusammen. Meine Nähe und meine Liebe brachten ihn dazu, zu gehen. Aus Angst ging er lieber, anstatt sich einzulassen, sich verletzbar zu machen, Liebe zuzulassen.

Als er mir sein Gehen mitteilte, konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen, da ich wusste, es ist vorbei. Er hat mich die letzten Monate immer wieder verlassen, nun endgültig. Ich war „Schachmatt“. Ich konnte nicht mehr kämpfen, es gab keinen Weg mehr für mich, der irgendwie Sinn gemacht hätte. Ich wollte einfach nur weg.

Das echte Ende und damit der Neubeginn ereignete sich erst am nächsten Tag. Ich setzte mich ins Auto und war auf dem Weg zu meiner Freundin, die 250 Kilometer entfernt lebt. lch weiß nicht, ob es Zufall, Schicksal, Fluch oder Segen war. Ich hatte einen Autounfall, den ich wie durch ein Wunder unversehrt überlebte. Mit hoher Geschwindigkeit prallte ich gegen eine Leitplanke. Mein Auto hatte einen Totalschaden. Aber ich zum Glück nicht.

Das Wissen und die Fähigkeit, zu realisieren, wie sehr das Leben am seidenen Faden hängt und dass die Zeit und die Gesundheit das Wertvollste sind, was wir besitzen, wurde mir durch diesen Unfall geschenkt.

Am nächsten Tag holte er mich aus dem Krankenhaus ab. Aber es war anders als sonst. Ich schaute ihn an. Voller Liebe und aus ganzem Herzen konnte ich innerlich zu ihm sagen: „Du bist frei – wie ein Vogel. Ich lasse dich gehen.“

Und das habe ich auch getan.

Ich ließ ihn noch am selben Tag gehen. Aus Liebe. Aus Liebe zu mir selbst. Und aus Liebe zu dem Leben, das ich nun führe.

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