Toxischer Wettbewerb: Wie Filme und Serien Liebesdreiecke instrumentalisieren  

Eine gute Geschichte lebt von reichlich Liebesdrama. Zwei Protagonist:innen verlieben sich ineinander, kommen über Umwege zusammen, bewältigen Abenteuer, dramatische Krisen und am Ende wartet das Happy End. Doch was, wenn aus zwei plötzlich drei werden? Es folgen Eifersucht, Konkurrenz und am Ende der große Liebesbeweis. Wie Liebesdreiecke in Filmen und Serien funktionieren, und warum sie so gefährlich sind

Vorhersehbar und trotzdem überraschend 

Liebesdreiecke dienen der leichten Unterhaltung, denn wir Zuschauer:innen wissen, dass sie zum Scheitern verurteilt sind und ein Ablaufdatum haben. Wir können uns dementsprechend zurücklehnen und das Hin und Her genießen, ohne die herkömmlichen Vorstellungen von Beziehungen ernsthaft hinterfragen zu müssen. Am Ende löst sich das verwirrende und spannungsreiche Dreieck ohnehin auf, sodass alle nach ihrer Facon glücklich und monogam werden können. Denn auch, wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Liebesdreiecke sind ein Werkzeug, um die Erzählung der einzigen, der wahren Liebe zu unterstreichen.

Dies funktioniert über den ständigen Vergleich von zwei Beziehungen und zwei Gefühlswelten. Die Person in der Mitte hat Gefühle für beide. Mal kommt sie der einen Seite näher, mal der anderen. Mal gibt es Streit mit der einen Seite und Trost bei der jeweils anderen. Das Pendel muss solange schwingen, bis der Spannungsbogen aufgelöst ist. Und die Person sich endlich entschieden hat, wer die große Liebe und wer die unbedeutende Geschmacksverirrung ist. Doch diese Erzählweise wirkt äußerst toxisch auf unsere Vorstellung von Beziehungen.  

Echte und unechte Liebe 

Die Gefühle gegenüber der dritten Person dienen oft als Maßeinheit für die Liebe des Gewinnerpärchens: Denn die Gefühle des finalen Pärchens sind größer, tiefer, echter als die Gefühle zur dritten Person. Die Liebe beim Happy End ist “wahr”, während die Gefühle für die Konkurrenz “falsch” oder eben “nur” Freundschaft sind.  Die Abgrenzung zur anderen, zur echten Liebe, erschafft den Eindruck von Objektivität. Die zwei gehören nuneinmal zusammen, das hat das Schicksal so entschieden.

Problematisch hierbei ist es, dass Nuancen und Widersprüche unsichtbar gemacht werden, obwohl sie im echten Leben und der realen Beziehungswelt ständig vorkommen. Es wird davon ausgegangen, dass Gefühle für mehr als einen Menschen nicht möglich, oder Gefühle immer eindeutig seien. Am Ende müsse man sich entscheiden. So sei das eben in der Liebe. Das wird uns Zuschauer:innen wieder und wieder vermittelt. Bis wir selbst davon überzeugt sind. Unterbewusst verlernen wir so, die Beziehungen um uns herum authentisch wahrzunehmen und Gefühle trotz Widersprüchen zuzulassen. Zärtliche Gefühle für den besten Freund, leise Sehnsucht nach dem Exfreund oder generelle romantische Unentschlossenheit sind Dinge, die uns im realen Liebesleben begegnen und die durch Liebesideale der Medien unsichtbar, wenn nicht sogar verboten werden. In der Logik der toxischen Liebesdreiecke gibt es nur Gewinn und Verlust. Dort ist kein Platz für Kompromisse.

Frau als Objekt der Begierde und Opfer der Umstände

Auch die Rolle des passiven, handlungsunfähigen und moralisch verantwortungsbefreiten Opfers zwischen stürmischen und aufdringlichen Liebenden dient dieser Erzählung. Schließlich hat es sich die Figur Bella nicht ausgesucht, gleich von zwei Männern begehrt zu werden. Sie kann nichts dafür und zeigt dementsprechend kaum moralische Verantwortung oder gar einen konstruktiven Umgang mit der Situation. Sie wird nicht als eigenmächtiges Subjekt gezeigt, dass die Situation ein für alle mal klären könnte, sondern als das Objekt der Begierde und Opfer der Umstände – den überwältigenden Gefühlen der anderen hilflos ausgeliefert.


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