Dating: Alles eine Frage der Perspektive? 

Wie kann es sein, dass wir so unterschiedliche Erfahrungen mit Online Dating und den verschiedenen Plattformen machen? Alles eine Frage der Perspektive, vermutet “bi happy”-Autorin Nadine Primo.

Selbstironie siegt immer, glatte Profile langweilen mich. 

Schönmalerei und Selbstoptimierung sehe ich zur Genüge auf Instagram. Die Frage „Was suchst du hier?“, wurde von den meisten als nervig und wenig kreativ empfunden. Was das im Umkehrschluss bedeutet? Sie wollen sich scheinbar im Vorhinein einfach nicht festlegen. Auch hier scheint die ein oder andere negative Erfahrung vorausgegangen und eine gewisse Ermüdung eingetreten zu sein.  

Wenn wir mal ehrlich sind: Es ist auch wirklich zehrend, immer wieder von vorne anzufangen; den gleichen Smalltalk zu führen; die gleichen Spielchen zu spielen; die gleiche Dating-Dynamik immer und immer wieder zu erleben. Gerade in Zeiten der Pandemie, wo die Plattformen teilweise die einzige Möglichkeit bieten, neue Menschen kennenzulernen ist der Dating-Frust bei einigen besonders groß. Viel gaben zu, eher aus Langeweile hin und her zu swipen, aber nicht wirklich bei der Sache zu sein. Für jemanden, der wirklich auf der Suche ist, ein absoluter Lustkiller.  

Aber wie kann sich das ändern? Gute Frage, nächste Frage. Nein, Spaß. Zuletzt habe ich nicht wirklich viele Menschen gedatet und bin weitaus wählerischer geworden. Das liegt aber einfach daran, dass auch mir aufgefallen ist, dass die sich ewig wiederholende Dating-Dynamik mich in den meisten Fällen eher abgeschreckt hat. Allerdings ist mir auch aufgefallen, dass ich teilweise nicht wirklich bei der Sache war und oftmals schwammige Aussagen von mir gegeben habe, weil ich gar nicht so genau wusste, was ich gerade eigentlich suche – oder besser gesagt: brauche.  

Vielleicht ist das ja auch schon die Lösung.  

Wenn wir uns erst einmal bewusst machen, was wir gerade eigentlich brauchen, dann können wir mit unserem Gegenüber auch klarer kommunizieren. Das soll nicht heißen, dass sich jede:r ein klares Ziel fürs Dating definieren sollte. Aber es ist schon ratsam, wenn wenigstens eine ungefähre Richtung erkennbar ist. Dadurch lassen sich einige „Pannen“ bereits im Vorhinein vermeiden.  

Ein Beispiel: Ich habe auf die Frage „Was suchst du hier?“ gern geantwortet, dass ich für alles offen bin, zumal ich mich gerne überraschen lasse und menschliche Beziehungsdynamiken wenig planbar sind. Es gehören schließlich immer zwei dazu. Wenn mein Gegenüber die gleichen nicht vorhandenen Vorstellungen hatte, fand ich das besonders passend, oder anders gesagt: entspannt. Dadurch hatte ich aber auch einige Begegnungen, die sehr schnell wieder im Sande verliefen, denn bei den Treffen wurde schnell deutlich, dass wir beide eigentlich insgeheim wussten, worauf wir gerade (keine) Lust hatten, aber es einfach nicht aussprechen wollten. Wahrscheinlich aus Angst davor, den:die andere:n zu verschrecken. Ein Eiertanz par excellence! 

Was mich das am Ende gekostet hat?  

Zeit und Nerven, denn sich im Nachhinein einzugestehen, dass man nicht ehrlich zu sich selbst war, kann weh tun… oder zumindest irritierend wirken. Daher überlege ich mir jetzt vor der Nutzung, ob ich gerade wirklich für schnellen, unverbindlichen Spaß zu zweit oder dritt bereit bin, oder ob ich mich eigentlich nach einer intimen und nachhaltig bereichernden Begegnung sehne.  

Wer viele Erwartungen hat, wird eher enttäuscht. Aber wer glaubt, dass er keine Erwartungen gehabt hat, ist am Ende von sich selbst enttäuscht.  

Selbstbetrug ist auch Betrug – und den kann man niemand anderem in die Schuhe schieben.  


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