Exhibitionismus light: Der sanfte Kick am Gesehenwerden

Wenn ich bisher an Sex in der Öffentlichkeit dachte, überrollten mich immer unästhetische Bilder von SPIEGEL-Reportagen, in denen Betrunkene auf dem Münchner Oktoberfest oder am Ballermann auf Mallorca kopulieren. Irrgs, peinlich, ätzend, eklig – nope, nicht meins!
Aber warum ist das so?

Warum lösen Klischee-Szenen wie das Liebesspiel auf der Flugzeugtoilette, im Fahrstuhl oder im Parkhaus bei uns Belustigung und sogar naserümpfende Abneigung aus? Oder warum ergreift (viele von) uns jedes Mal ein Gefühl der Scham, wenn wir frischverliebte Paare im Park, in einem Café oder einer Bar leidenschaftlich rumknutschen und fummeln sehen? Eigentlich ist es doch etwas ganz Natürliches. Sind wir etwa zu verklemmt? Dieser Frage wollte ich endlich mal auf den Grund gehen.

Stichwort: Sex in der Öffentlichkeit

Wie der Zufall so will, saß ich erst vergangenen Sonntagnachmittag mit meinen beiden Freundinnen Nicole und Julia nach einem fordernden Power-Yoga-Kurs in unserem Lieblingssaftladen zusammen und berichtete von meinem investigativen Vorhaben.

Zwei gestandene, smarte und unabhängige Frauen schauten sich bei meinem Stichwort „Sex in der Öffentlichkeit“ an und plötzlich sprudelte es aus ihnen heraus. Wie hot ein bisschen Exhibitionismus wäre und wie sehr dieser ihre Beziehungen auf ein neues Spannungslevel befördert hätte. Wie bitte? Habe ich etwas verpasst? Wer seid ihr bitte? Und warum habe ich euch nicht schon längst dazu befragt, kam mir da in den Sinn.

Da saßen wir nun bei Smoothie und Bowl in dem winzigen Hipster-Laden und die beiden hörten gar nicht mehr auf zu reden. Aber bei all dem prickelnden Nervenkitzel frage ich mich, ob es nicht auch ziemlich abtörnend sein kann, wenn eklige Gaffer dabei zusehen, wie man beispielsweise gerade an die Wand eines Treppenhauses gedrückt Lust empfindet? Außerdem soll es Leute geben, die bei solch einem Anblick sofort die Sittenwächter rufen. Macht euch das etwa nichts aus, fragte ich zweifelnd. Denke ich zu kompliziert?

Julia verrät: „Eigentlich ist es ganz einfach! Es gibt einen Kompromiss zwischen Wohlfühlen und Thrill. Vergiss diese ganzen Schmuddel-Bilder von frivolen Stripperinnen, Swingerklubs oder aus Pornos. Es reicht aus, sich lediglich körperlich und geistig minimal aus seiner Komfortzone zu bewegen, um das eigene Liebesleben zu boosten.“


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