Wie du freundlich nach mehr Zeit für dich bittest

Jeder Mensch ist zuweilen hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Verbindung und dem Wunsch nach Autonomie. Wie man das dem Partner sagt und warum das Wort “Freiraum” dabei besser nicht vorkommt, erklärt Jana Seelig.

Wie kommuniziert man den Wunsch nach mehr Zeit für sich?

Aber wie sieht es eigentlich aus, wenn man Zeit benötigt, die über eine halbe Stunde alleine in der Badewanne, einen kurzen Spaziergang draußen oder auch das Lesen von ein paar Kapiteln im neusten Thriller im Schlafzimmer, während der Partner im Wohnzimmer fernsieht, hinausgeht? Auf keinen Fall sollte hier das Wort „Freiraum“ fallen, denn das klingt – egal wie man es selbst auch meint – für den Empfänger eigentlich immer nach Trennung. Oder zumindest Fremdgehen mit Erlaubnis.

Besser ist auch hier, ganz konkret zu formulieren, was man benötigt, um wieder neue Energie tanken zu können – und dem Gegenüber zeitgleich zu signalisieren, dass Zeit für sich selbst zu wollen nicht gleichbedeutend ist mit emotionaler Distanz vom Partner oder von der Partnerin. Das Gespräch sollte niemals in einen Streit abrutschen, bei dem gegenseitige Vorwürfe laut werden, sondern immer sachlich bleiben.

Mit den klassischen Ich-Botschaften („Ich möchte gerne zwei Tage für mich haben, um ein paar Dingen nachzugehen, die mir gerade wichtig sind, aber ich fände es schön, wenn wir uns am Samstagabend sehen könnten!“) ist man in jedem Fall besser dran als mit Sätzen wie „Deine ständige Anwesenheit nervt mich!“.

Der Wunsch nach Freiraum und die Schuldgefühle

Um Zeit für sich selbst zu bitten kann schwierig sein. Nicht unbedingt, weil man Angst hat, der Partner oder die Partnerin könne es nicht verstehen. Sondern weil man sich schuldig dafür fühlt, dass man keine Lust darauf hat, 24/7 mit dem oder der Liebsten zu verbringen. Vielen von uns wurde beigebracht, dass es ein schlechtes Zeichen für die Zukunft einer Beziehung sei, wenn man sich nach mehr Zeit für sich alleine sehnt. Dabei ist es tatsächlich sogar sehr gesund für das alltägliche Miteinander, wenn man auch ohne einander auskommt und eigenen Beschäftigungen nachgeht, unabhängig von der Partnerschaft.

Die Bitte um mehr Zeit kann diverse Ängste triggern – und zwar auf beiden Seiten. Deshalb kann es sehr hilfreich sein, noch bevor man sich für einen kurzen Zeitraum „trennt“, etwas für den Zeitpunkt der „Wiedervereinigung“ zu planen, wie zum Beispiel ein romantisches Date (die in der Regel sowieso viel zu kurz kommen, wenn man im Alltag sehr viel Zeit miteinander verbringt). So lassen sich eventuelle Verlustängste oder emotionale Verletzungen lindern und man hat zugleich etwas, auf das sich beide wirklich freuen können.


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