Über das optimale Verhältnis von Nähe und Distanz in Beziehungen

Das Nähe-Distanz-Problem kennen viele Paare: Übt der eine Partner Druck aus, zieht sich der andere zurück. Doch ausgerechnet Distanz kann auch Nähe in Beziehungen schaffen, weiß der Beziehungsexperte Eric Hegmann. 

Es ist normal, nicht immerzu das selbe Bedürfnis nach Nähe wie der Partner zu verspüren

Wichtig ist, zu verstehen: Was Sie spüren, ist normal. Machen Sie sich bewusst, dass Sie so reagieren, wie es für das Überleben der Menschen Tausende Jahre lang unerlässlich war. Weder der Wunsch nach mehr Nähe noch der nach mehr Distanz ist „schlecht“. Denken Sie daran, Bindungsangst und Verlustangst haben dieselbe Ursache: Stärken Sie deshalb Ihr Selbstwertgefühl, damit Sie sicherer in Ihrem Wunsch nach Bindung werden.

Sie schaffen es nicht alleine? Versuchen Sie eine Paarberatung. Es gibt zahlreiche erprobte Interventionen, durch die Partner einander besser verstehen können. Seien es Skulpturen aus der systemischen Arbeit oder das Innere Team aus der Kommunikationswissenschaft: Mit geringem Aufwand können Sie und ein Paarberater kleine Veränderungen bewirken, die sich rasch auf viele Bereiche Ihrer Beziehung auswirken. Bereits die Verständigung auf eine gemeinsame Arbeit an der Paarbeziehung ist eine Veränderung.

Ganz wichtig: Das Ziel ist nicht, dass Sie aufhören Nähe zu suchen. Sie sollen aber Strategien (er)finden, die Ihren Partner nicht in die Flucht oder zum Gegenangriff treiben. Umgekehrt sollen Sie sich nicht vereinnahmen und fremdbestimmen lassen, Sie sollen jedoch wissen, dass die Bemühungen Ihres Partners Wunsch nach Bindung ausdrücken – und Sie gemeinsam verhandeln dürfen, wie diese hergestellt werden könnte.

Nur in Filmen und Büchern – und in der euphorischen Kennenlernphase – empfinden beide Partner jederzeit und immer gleichzeitig das Bedürfnis nach Nähe bis zur Verschmelzung. Viele Paare geraten viel zu schnell in Panik, weil sie nicht mehr gewohnt sind, Distanz zuzulassen. Distanz erscheint dann als etwas Böses, das Partner trennt.

Dabei ist es unerlässlich, Distanz zu ertragen, denn nur wer sich voneinander wegbewegt, kann erneut aufeinander zugehen. Dieses Wechselspiel ist, was Liebe so spannend macht und Sehnsucht erst möglich, denn man kann eben nur begehren, was man nicht hat.


Weitere interessante Beiträge