Warum die Partnersuche der Wohnungssuche ähnelt

Unser Autor sucht eine Wohnung, ein guter Freund von ihm sucht eine Freundin. Eine ähnliche Situation?!

Ich suche eine Wohnung. Wer in einer Großstadt wie Berlin, München, Frankfurt oder – in meinem Fall – Hamburg lebt, weiß, dass mir eine intensive Zeit voller Hoffnung und Frustration bevorsteht. Die Wohnungsmarktsituation ist bekanntlich angespannt: Zu wenig Angebot trifft auf viel zu viele Interessenten. Nun, über die Ursachen hierfür könnte man jetzt philosophieren. Lassen wir das aber mal lieber.

Guter Mietzins, guter Schnitt – guter Körper, gute Partie?!

Gestern traf ich einen guten Freund auf einen Kaffee und er gab mir den einen oder anderen Tipp, wie ich es anstellen könnte, schnell erfolgreich zu sein und dann dauerhaft zufrieden. Heißt: guter Preis, gute Größe, guter Schnitt, gute Lage, langfristige Perspektive.

„Und was läuft bei dir so?“, fragte ich ihn, als wir des leidigen Themas Wohnungssuche überdrüssig wurden. „Ach du, zurzeit gibt es da die Marie, und ich weiß nicht so recht, ob das mit uns was wird. Sie will ja etwas mit mir starten, aber nüchtern betrachtet … Der Gesamteindruck ist okay, aber im Detail gibt’s schon so ein paar Bedenken.“

In diesem Moment hatte ich das erste Déjà-vu-Erlebnis meines Lebens. Hatten wir das Thema nicht bereits in allen Facetten erläutert?

Mindestanforderungen bei der „Damenwahl“

Mein Freund fing an, Kriterien aufzulisten (nein, er ist kein Buchhalter), die eine gelungene Beziehung erfüllen müsse. Wahrscheinlich meinte er damit einfach Erwartungen an seine Herzdame. Es fiel auch das schöne Wörtchen „Mindestanforderungen“. Den Begriff kannte ich gut. Auch ich habe bei der Wohnungssuche „Mindestanforderungen“: Wenn nur ein Zimmer, dann aber auch eine Wohnküche; wenn Erdgeschoss, dann aber auf keinen Fall Nordausrichtung; ruhige Lage; zentral gelegen; unbefristeter Mietvertrag; und so weiter…

Und auch mein Freund hatte also solche Mindestanforderungen. Blond soll sie sein (Marie ist blond); so zwischen 22 und 28 Jahre alt (Marie ist 21 Jahre alt); Studentin, aber auf keinen Fall BWL oder Jura (sie studiert Sozialökonomie); sie sollte sich auch mal für ernstere gesellschaftspolitische Themen begeistern können (sehr wahrscheinlich), aber beim wochenendlichen Ausgehen eine unbeschwert-heitere Seite haben (immer??!); und so weiter, und so fort. Einige weitere „Details“ verschweige ich mal lieber.

Gute Partie, schöner Charakter, schöne Proportionen, treue Seele, gute Herkunft, interessantes „Innen-Design“ (Interessen…), gemeinsame, langfristige Perspektive. Das hatten wir doch schon einmal, so ähnlich wenigstens.

Wir wollen ankommen und eine Heimat finden

Ein flaues Gefühl macht sich abends in mir breit, als ich noch einmal über unser Gespräch nachdenke. Zweifel, Bedenken, leichter Ekel, schüchterne Zustimmung, Empörung und noch vieles andere.

Mir kommt in den Sinn: Der Mensch möchte ankommen, möchte ein Heim, eine Heimat finden und erhalten. Sich fallenlassen, sich ausstrecken und anlehnen. Von Schönheit umgeben sein, von Lieblichkeit, Liebenswürdigkeit und Liebe. Warm soll sich das anfühlen, denn es wird, wenn alles gut läuft, einen Großteil unserer Lebenszeit ausmachen und somit auch unseren Alltag bestimmen. Die Wohnung / den Partner werden wir mindestens morgens und abends um uns haben, am freien Wochenende, in den Ferien, in guten wie in schlechten Zeiten, bei Sonnenschein wie auch bei Hagel.

Drum prüfe, wer sich …

Da ist es doch klug und weise, vorsichtig zu sein, bevor man sich bindet. Zu prüfen. Sich selbst zu kennen und daraus Ansprüche und Erwartungen abzuleiten. Das verhindert Reue, Frust und Leid.

Und trotzdem kommt mir auch in den Sinn: Das kann es doch nicht sein! Diese verkopft-ängstliche Herangehensweise kann doch nicht wirklich eine gute Entscheidung bei der Partner„wahl“ (schon das Wort klingt irgendwie falsch) herbeiführen. Oder vielleicht doch?!

Ist „Liebe geben“ der wechselseitige Mietzins zweier Menschen? Wann sind wir bereit, ihn zu „zahlen“? Ist die Liebe auf die Straße des Konsums eingebogen und haben wir angefangen, wie bei der Wohnungssuche, Angebot und Nachfrage zu analysieren, „Objekte“ zu begutachten? Das wäre fürchterlich. Aber manchmal wirkt es so – ein bisschen zumindest. Mietet man sich ins Glück ein oder kauft man es? Besitzt man es dann wirklich? Baut man (an/auf)? Wie klappt die Renovierung, die Grundsanierung? Und wie tragfähig ist die Statik dieser Metaphern?

Unser Herz springt gerne auf Details an, die uns am anderen anziehen oder abstoßen – ebenso wie unsere Lust, unser Bauch und unsere Sehnsucht. Aber was in uns kriegt das große Ganze in den Blick? Kann das der Verstand oder eine Mischung aus all dem zusammen? Wer oder was sagt uns: Der / die ist es!! Gibt es Gewissheit? Ist alles Risiko? Zählt am Ende eine Risiko-Nutzen-Rechnung? Sind Kompromisse die Währung des Beziehungserfolgs?

Ich kenne die Antwort auf diese Fragen nicht.

Ich kann meinen Freund verstehen und gleichzeitig auch nicht. Und ich bin immer noch auf Wohnungssuche. Aber ich bin mir sicher: Ich werde fündig werden, eines Tages.


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