Die Bedeutung der schönen Momente in eurer Beziehung

Warum es für das Beziehungsglück unerlässlich ist, schöne Momente zu schaffen und die Erinnerung an sie zu pflegen, erklärt Paartherapeut Oliver Masch in diesem Gastbeitrag für beziehungsweise.

Er will ihr von dem Abend erzählen, den er vor kurzem so intensiv wahrgenommen hat! Das ist es. Was wird aber geschehen, wenn sie das völlig anders sieht? Wenn sie ihm vorwirft, dass ihr diese Nähe jahrelang gefehlt hat? Davor hat er Angst. Große Angst. Gleichzeitig ist er irgendwie zuversichtlich, fast froh. Ja, und das will er ihr sagen, bevor sie in den Harz fahren! Und er will wissen, wie sie diesen Moment erlebt hat. Genau das: in einem ruhigen Moment, wenn er ihre Nähe spürt. 

Schöne Momente können verdrängt werden

Ausgangspunkt für eine glückliche Partnerschaft ist das gemeinsame Erleben von positiven Schlüsselmomenten. Wir fühlen uns mit unserem Partner sicher verbunden und empfinden starke Zuneigung. Auch flüchtige Momente, in denen wir gut aufeinander eingestimmt sind, stärken unsere Fähigkeit, negative Beziehungsmuster gemeinsam zu durchbrechen. Im Alltag können diese Momente verloren gehen und schließlich von zunehmenden Konflikten oder emotionaler Kälte überschattet und verdrängt werden. 

Es mag merkwürdig klingen, aber auch für das Teilen schöner Momenten brauchen wir eine Portion Mut. Und Neugier. Es kann gut sein, dass sich unsere Wahrnehmung voneinander unterscheidet. Was durchaus normal ist. Was ist, wenn sich Konflikte andeuten? Oder scheinbar Gleichgültigkeit zu spüren ist? Wir behalten es vielleicht dann lieber für uns, vergessen oder verbuchen es mit dem Stempel: „Das ist doch selbstverständlich. Darüber muss man nicht reden!“ 

Es kann uns vor allem schwerfallen, Zuneigung und Wertschätzung für den anderen zu empfinden, wenn wir durch den gegenwärtigen Teufelskreis in einen Sog von Verachtung, Feindseligkeit und Gleichgültigkeit hineingeraten sind. „Wenn die glücklichen Erinnerungen verdrängt sind“, so John Gottmann, „dann ist das ein Zeichen dafür, dass die Ehe Hilfe braucht.“ Paartherapie kann helfen, indem ein sicherer Raum für den Austausch schöner Momente ermöglicht wird. 

Positive Erinnerungen als Stützpfeiler

Glückliche Paare gehen aufmerksam mit schönen Momenten um. Sie teilen ihre unterschiedlichen Eindrücke mit und nehmen sich die Zeit, diese zu feiern. Es stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit, der Stabilität und der Geborgenheit. Durch den Austausch können zudem positive Erinnerungen aus der Vergangenheit aktiviert werden, die wir vielleicht schon längst vergessen haben. Diese Erinnerungen verankern sich im Gedächtnis und machen Hoffnung. Die Geschichte eines Paares wird dadurch vielleicht mitunter neu geschrieben: „Es war eine heftige Zeit, aber wir haben es geschafft.“ 

Kleine Übung für „große“ Momente in der Partnerschaft

  • Wähle eine angenehme Situation aus, die du mit deiner Partnerin oder deinem Partner erlebt hast. 
  • Wie hast du dich gefühlt?
  • Was hat dein Partner oder deine Partnerin getan? 
  • Was hat dich dabei berührt? 
  • Was hast du getan?
  • Was geht jetzt in dir vor, wenn du dir diesen angenehmen Moment noch mal vorstellst? 
  • Was empfindest du dann für deinen Partner oder für deine Partnerin? 
  • Fühlst du dich in deiner Beziehung dadurch sicherer? 
  • Was war schön für dich? Was hast du gespürt? 
  • Vereinbare einen „Termin“ und wähle einen ruhigen Ort aus, an dem ihr euch darüber austauschen könnt.  

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