Über Gefühle reden

Warum uns über Gefühle reden keine Angst bereiten muss. Wie es geht, erklärt Gastautorin Juli Stockheim von Fail in Love Nights.

Als meine 10 Jahre währende Beziehung zu einer tollen Frau begann sich dem Ende zu nähern, war mir das selbst noch gar nicht bewusst. Es fing viel früher an als ich es mir selbst eingestehen wollte. Ich kämpfte mit mir selbst, leugnete meinen Frust und wollte nicht wahrhaben, dass man manchmal einfach den Punkt verschlafen hat, an dem man das Ruder noch hätte rumreißen können. Zu sehr wollte ich in 40 Jahren auf ein gemeinsames Leben mit ihr zurückschauen und das Happy-End leben, wie wir es aus unzähligen Hollywood-Streifen kennen.

Die Realität sah allerdings anders aus. Hart und kalt und sehr dunkel. Eineinhalb Jahre später sitze ich vor dem Rechner, 30 Jahre alt, Single und schreibe für euch auf, was ich aus dem ganzen Schlamassel gelernt habe – über Gefühle reden hilft.

Für mehr Mitgefühl mit sich selbst –und anderen 

Das, was mich während der Trennung mit am stärksten gequält hat, war die Art und Weise wie ich mit mir selbst geredet hatte. Hart und streng ging ich mit mir ins Gericht. Ich hätte doch dies anders machen können, sie hätte doch das tun sollen, ich bin schuld, sie ist schuld. Mit diesen Gedanken war ich kurz nach der Trennung weit weg von dem, was Susan David „Emotionale Agilität“ nennt.

Die Psychologin meint mit dem Begriff die Fähigkeit, sich seinen eigenen Emotionen mit Neugier, Mitgefühl und Mut hinzuwenden. Im Gegensatz zur emotionalen Starrheit, in der Emotionen in gut und schlecht eingeteilt werden und etwas entweder richtig oder falsch ist. Man ist dann emotional agil, wenn man sich nicht an Fehlern, an einem Mangel, an schlechten Erfahrungen oder negativen Selbstgesprächen festbeißt. Sondern wenn wir offen sind für normale, menschliche Reaktionen und Emotionen, die wir alle haben. Agilität bedeutet in diesem Kontext, offen zu sein, auch für einen Perspektivwechsel. Es heißt, kein eingeschränktes Sichtfeld zu haben und nicht zu erstarren, sondern wertfrei und offen zu beobachten.

Wie wir mit unseren Emotionen umgehen, bestimmt unser Leben

Mit dem Satz „Wie wir uns durch unsere innere Welt navigieren – unsere tägliche Gedanken, Emotionen und die Selbstgespräche, die wir mit uns führen – das bestimmt unser Leben“, inspirierte mich Susan David in einem ihrer TED Talks dazu, besser in mich hineinzuhören und zu intervenieren, wenn es zu wild wird.

Ein bisschen Disziplin gehört schon dazu, aber wer seine Emotionen erkennt, wenn sie aufsteigen, kann auch Gedankengänge aktiv steuern und sich sein Leben leichter, agiler, machen. Was dabei hilft, ist zu wissen, dass Gefühle erstmal auch „nur“ Gefühle sind und nicht zwangsläufig die Wahrheit. Du bist nicht die Emotion, du erlebst sie nur. Und kannst sie ziehen lassen.


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