Bin ich überhaupt fähig wirklich zu lieben?

Gefangen in einer Beziehung, die sie nicht glücklich machte, zweifelte unsere Gastautorin an ihrer Fähigkeit zu lieben. Erst ein radikaler Schritt und ein ganz besonderer Mensch haben ihr gezeigt, wie glücklich Liebe machen kann

Und schon wieder ging ich aus einer fremden Tür, taumelnd vor Freude und dem Geschmack von Lust und unbekannter Haut. Es roch noch nach Liebe an mir, ich zupfte die Kleidung zurecht und streifte mir die Haare glatt. Gleichzeitig zerfiel bei jedem Schritt dieses Gefühl und wandelte sich in Leere und innere Vorwürfe. Weshalb konnte ich das nicht lassen, ist es das wirklich wert? Immer und immer wieder gleite ich ins außen, wie eine Drogenabhängige, süchtig nach Liebe, nach Wärme, Abenteuer, Aufmerksamkeit und Befriedigung.

Meine Ehe ist schon lange ein Leben wie das von Bruder und Schwester, tote Hose, wir leben flach und unbewusst nebeneinander her und benutzen uns für die Erledigung des Alltags. Wir können gut miteinander Dinge planen, sind ein gutes Team und Tag für Tag fühle ich mich leerer und sterbe innerlich wie eine Blüte im Herbst vor eisiger Kälte. Alle halten uns für DAS Traumpaar. Es ist so kitschig und gleichzeitig auch wahr. Es verletzt mich zutiefst, dass unser Hund mehr Liebe bekommt als ich und in Wahrheit Deine Gefährtin ist, in Deinem Bett schläft und Deine sanften Hände voller Liebe ihr gelten.

Was ist nur aus uns geworden? Ich weiß noch wie heute wie wir uns begegnet sind, wie wir gelacht haben und wie siegessicher wir dachten, das ist jetzt für immer. Wir haben alles miteinander getauscht, die intimsten Geheimnisse, Dinge, die vor Dir niemand wusste. Wir wollten durch dick und dünn gehen und irgendwann sah ich Dich nicht mehr.

Lange habe ich darüber nachgedacht, ob wir uns so verändert haben konnten, dass so viele Dinge, die ich gerne mit Dir machte, die ich an Dir mochte, irgendwann einen fauligen, schalen Geruch bekamen. Ich konnte Dich irgendwann nicht mehr riechen, nicht mehr aushalten, weil Du nicht wirklich mit mir reden wolltest oder konntest, meine Bedürfnisse ignoriert hast, mich ignoriert hast. Ich habe es am Schluss gehasst, dass Du jeden Abend schwer vom Wein und Deinen täglichen Problemen im Job vorm Fernseher eingeschlafen bist, anstatt mit mir in Interaktion zu gehen, zu lachen, zu kuscheln, zu streiten und es gab den Moment, da war es mir irgendwann egal.

Haben wir uns wirklich so verändert? Wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, Ja und Nein. Was sich nicht verändert hat, warst Du. Was sich verändert hat, war meine Einstellung zu Dir, meine Sicht auf Dich.


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