Und wo bleibe ich? Ein Mann sucht (s)einen Platz

Männern wird nachgesagt, sie hätten keinen Sinn für das Schöne im Alltäglichen. Das möchte ich abstreiten. Wir achten wohl tatsächlich nicht darauf, ob die Blumen in der Vase tatsächlich von derselben Wiese stammen und ihre Farbnuancen mit dem selbstgezimmerten Bilderrahmen zusammenpassen. Ruhe ist ebenfalls eine Form von Schönheit. Deswegen sind wir nicht undankbar.

Liebe Frauen, vielleicht kommt euch das so vor. Doch streng genommen sind wir beleidigt. Oder so ausgedrückt, dass ihr es nachfühlen könnt: Wir sind verletzt und etwas traurig. Weil wir uns nämlich ebenfalls auf- und weggeräumt fühlen, wenn ihr unseren in langen Nächten in Form gebingten Ohrensessel gegen eine unbequeme Chaiselounge eines Hinterhof-Designers tauscht. Wir haben dann das Gefühl, dass ihr nicht nur unseren Lieblingsplatz entsorgt – ihr entsorgt auch uns aus „eurem“ Reich. Es ist nicht allein ein altes Sitzmöbel, das der Landhaus-Optik weichen muss, weil es nicht mehr dazupasst: Wir sind dieser Sessel. Wir passen nicht mehr ins Bild.

Nicht falsch verstehen, wir mögen es wie ihr in unserer Höhle schick. Noch wichtiger ist uns aber, heimzukommen und zu wissen, einen sicheren, gemütlichen Platz zu haben, den uns niemand streitig macht.

Nun gibt es ja mittlerweile einen neuen Trend: Malbücher für Erwachsene. Da wird nicht das Wohnzimmer in drei Pastelltönen neu gestrichen, sondern orientalische Muster mit Buntstiften nachcoloriert. Entspannend wie Yoga, heißt das Versprechen, das der vom ständigen Optimierungszwang gestressten Frau gemacht wird. Und jetzt raten Sie, welchen Ort sich meine bessere Hälfte für ihr neues Hobby ausgesucht hat?

“Schatz, das ist mein Sessel!”


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