Hilfe, mein Partner “gendert” auf einmal alles

Emma (22) und Philip (23) wollen beide die Welt verbessern, sie studieren engagiert Politologie und sind aktiv bei den Grünen. Das Paar ist in jeder Hinsicht ein Herz und eine Seele. Und ideologisch passt kein Blatt zwischen die zwei, bis jetzt. Denn Emma fängt plötzlich an, alles zu gendern …

Ist Emma das Gendern wichtiger als ihre Beziehung?

Philip ist fassungslos, durch welche Brille Emma ihn sieht – und dass der Sprach-Aktionismus für die Frauenrechte durch eine vermeintlich bessere Sprache wichtiger ist als ihre Beziehung. Und dass sie überhaupt nicht sieht, dass es aktuell viel wichtigere Probleme für die Menschheit gibt. 

“Was ist zum Beispiel mit Genitalverstümmelung? Millionen Frauen werden Opfer davon. Dafür würde ich mich an Emmas Stelle stark machen, ich wäre sofort an ihrer Seite. Stattdessen wird rumgequatscht. Es hilft keiner Frau im Sudan, die Gewalt erleiden muss, dass Frauen in unserer Wohlstandsgesellschaft „:innen“ sagen. Insofern muss ich tatsächlich zugeben, dass ich Emma vorwerfe, dass sie es ist, die unsere Ideale verrät. Ich halte an unseren Idealen fest. Uns ging es immer um die wirklich großen Themen. Wir haben nie an Nebenschauplätzen gekämpft. Emma kommt mir manchmal vor wie ein politischer Gegner, den ich lächerlich finde. 

Eigentlich war doch alles gut

Wenn wir uns streiten, dann fällt mir aber zwischendurch ein, wie wahnsinnig verliebt wir waren. Wie lange sich das gehalten hat. Jetzt sind wir drei Jahre zusammen, irgendwelche Abnutzungserscheinungen habe ich noch nicht feststellen können, im Gegenteil. Der Sex zum Beispiel, der ist immer besser geworden. Wir konnten bis vor kurzem nicht genug voneinander kriegen. Mir ist jetzt allerdings die Lust vergangen, und Emma macht auch keine Anstalten, dass sie mit mir ins Bett will. Ich denke darüber nach, ob das dass Ende unserer Beziehung ist – oder eine Phase. Warum sollte es eine Phase sein, was sollte Emma abbringen von diesem Weg? Vielleicht unsere Liebe? 

Wenn Emma so weitermacht, sehe ich keine Zukunft für uns. Und wenn ich so weitermache, sieht Emma keine Zukunft für uns. Mein bester Freund hat gesagt, ich möge einfach abwarten, dieser “Gender”-Trip geht von selbst vorbei. Ich solle mich darauf verlassen, dass es eine Phase sei. Emma sei auch noch so jung, in ein paar Wochen sei das Gendern Schnee von gestern. Ich würde mir das von Herzen wünschen, aber ich bin sehr skeptisch. Ich bin für eine Trennung auf Zeit. Meistens ist das keine gute Idee, da Trennungen auf Zeit in der Regel mit einer endgültigen Trennung enden. Doch es gibt Fälle, wo es hilft, auf Distanz zu gehen, um innere Verhärtungen aufzugeben. Emma, die neben aller Wut auf mich auch sehr traurig ist, dass wir uns so weit voneinander entfernt haben, hofft ebenfalls darauf, dass eine temporäre Trennung ein paar Dinge gerade rückt. Ich stelle mir vor, dass wir uns brutal vermissen – und dass von diesem Punkt aus die Karten neu gemischt werden können.” 


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