Die große Tugend der Zurückhaltung

Die Kompetenz und den Willen des Partners anzuerkennen ist manchmal nicht ganz einfach. Es trägt allerdings maßgeblich zum Beziehungsglück bei

Frauen sind häufig die heimlichen Richtungsgeber in einer Beziehung. Sie organisieren sich selbst, Job und/oder Familie, den Beziehungsalltag und manchmal auch ihren Partner gleich mit. Das hat meist gar nicht den Hintergrund, dass sie es ihren Männern nicht zutrauen würden, aber manchmal geht es ihnen einfach zu langsam oder sie wollen es auf ihre ganz eigene Art machen.

Oft stelle ich fest, dass ich unzufrieden bin mit der Art und Weise, wie mein Mann gewisse Dinge erledigt oder plant. Nicht, dass er es schlechter gemacht hätte als ich – nur eben anders, als ich es mir vorgestellt habe. Und das missfällt mir. Leider – und das ist sicherlich menschlich (vielleicht auch ein typisch weiblicher Zug) – kann ich dann häufig nicht über meinen Schatten springen und seine Leistung anerkennen. Ganz einfach, weil ich es mir anders vorgestellt oder gewünscht hätte. Und diese Vorstellung war bei mir schon sehr konkret, während er sich vermutlich gar nicht groß den Kopf darüber zerbrochen hat. In solchen Momenten gelingt es mir einfach nicht, seine Kompetenz anzuerkennen und die Art, mit der er „das Problem“ gelöst hat, zu respektieren.

Das Ganze führt nun nicht selten dazu, dass wir uns wegen unwichtiger Dinge streiten oder – und das ist eigentlich noch schlimmer – dass ich bereits im Vorfeld Aufgaben verteile und zwar so wie ich es mir vorstelle. Das heißt, ich verfüge über die Zeit meines Mannes und gebe ihm Aufgaben, die ich in diesem Moment als zu erledigen erachte. Dabei vergesse ich leider ganz oft, dass dies wenig mit Partnerschaft auf Augenhöhe, sondern vielmehr mit Bevormundung zu tun hat. Und dann wird mir bewusst, dass mein Mann das andersherum nie tut. Er lässt mich mit meiner Zeit anfangen, was ich möchte. Er lässt mich Dinge tun und lassen, wie ich es für richtig halte.

Du bist okay, ich bin okay. Selbstbestimmtheit und die Anerkennung der Fähigkeiten des anderen sind wichtige Bestandteile einer Beziehung. Denn all das hat auch etwas mit Respekt dem Partner gegenüber zu tun. Ich respektiere deinen Willen und wie du mit Dingen umgehst – auch wenn ich anderer Meinung bin. Denn ich weiß es vielleicht „anders“, aber wahrscheinlich nicht besser. Sollte man nicht deswegen statt „Ich mach das schon“ auch mal sagen „Mach du das und ich halte mich raus!“? Und ist es nicht auch mal schön, Aufgaben einfach abzugeben (ohne Anweisung), dem Partner zu vertrauen, dass er es schon richtig und gut macht und sich vom Ergebnis überraschen zu lassen? Vermutlich liegt genau hier das Problem. Denn überraschen lassen bedeutet auch gleichzeitig Kontrolle abzugeben. Und damit haben viele Menschen nun mal ein Problem. Sie sind nur beruhigt, wenn sie Dinge selbst erledigen oder zumindest genau steuern können, wie sie erledigt werden.

Doch gerade in einer Beziehung funktioniert das nun mal nicht. Es ist nicht einer Chef und gibt die Richtung vor. Wir sind (zum Glück!) gleichberechtigte Partner mit Stärken und Schwächen, die sich ergänzen.

Wenn Sie also auch ein kleiner Kontrolljunkie sind, machen Sie sich viel häufiger die Kompetenzen des Partners bewusst, einigen Sie sich gemeinsam darauf, wer welche Aufgaben und Planungen übernimmt und halten Sie sich aus denen Ihres Partner raus.


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