Eine Liebe, die mich rettete

Ich war nicht in der Lage irgendetwas zu tun, lag stundenlang in meinem Bett und starrte gegen die Wand. Als mein Freund anrief, um zu klären, wann er meine Tochter nach Hause bringen sollte, brachte ich gerade so heraus, dass ich krank sei. Natürlich war er bereit, sie noch einen Tag bei sich zu behalten.

Ich hatte in dieser Zeit nicht einmal die Tür geschlossen. Mehr als einen Tag, lag ich einfach nur da, bis mein Freund nach mir sehen wollte, nachdem er meine Tochter im Kindergarten abgegeben hatte. Ich werde niemals seinen geschockten Blick vergessen, als er mich im Bett fand. Mir selbst war bis dahin nicht bewusst, wie ich ausgesehen haben muss. Er sagte kein Wort, nahm mich nur hoch, wickelte mich in eine Decke und raste mit mir zum Krankenhaus. Ich hatte noch immer nicht in einen Spiegel, noch nicht einmal an mir herunter geschaut, aber wie schlimm es gewesen sein muss, wurde mir klar, als eine noch sehr junge Krankenschwester den Raum betrat und ihr Tränen in die Augen stiegen, bevor sie fluchtartig hinausstürmte, um mit einer Ärztin zurück zu kommen.

Die ganze Zeit hielt mein Freund meine Hand und sagte kein Wort. Ich bekam Beruhigungsmittel und musste sowohl im Gesicht, als auch an viel schmerzhafteren Stellen genäht werden. Als die Ärztin mir empfahl, in der nächsten Zeit einen Aids-Test machen zu lassen, wurde mir erst das volle Ausmaß bewusst. Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum ich mich weigerte die Pille danach einzunehmen, die mir angeboten wurde. Wahrscheinlich war ich einfach mit allem überfordert. Aber im Nachhinein hat gerade das mich gerettet. Was folgte, war die Hölle auf Erden.

Ich musste zur Polizei, die den Täter bis heute nicht gefunden hat und immer wieder erzählen, was mir passiert war. Dann folgte der Aids-Test, der zum Glück negativ war und nach einem Test, war bestätigt, was ich schon geahnt hatte. Ich war schwanger. Während dieser ganzen Zeit war mein Freund an meiner Seite. Er tat, was er konnte, um mir zu helfen. Selbst die Schwangerschaft trug er mit Fassung. Allerdings war es nicht möglich, dass er mich auch nur berührte und auch er konnte mich kaum noch ansehen. Wäre meine Tochter nicht gewesen, hätte ich diese Zeit wohl nicht überstehen können.

Ich besorgte mir einen Beratungstermin für einen Schwangerschaftsabbruch, aber mir wurde sofort klar, dass das nicht in Frage kam. So entschied ich mich zu einer Adoption, da ich sicher war, dieses Kind in meinem Bauch nicht lieben zu können. Während mein Freund im Grunde alle alltäglichen Aufgaben übernahm, versuchte ich irgendwie einen Tag nach dem anderen zu überstehen.

Dann kam der Moment, in dem ich das erste Mal spürte, wie sich das Baby in mir bewegte. Ich begann mit ihm zu sprechen und meinen Bauch zu streicheln. Immer mehr wurde mir klar, dass es MEIN Baby war, das in mir heranwuchs. Sehr große Zweifel kamen noch einmal auf, als die Ärztin mir mitteilte, es sei ein Junge. Ich hatte eine Zeit lang das Gefühl, er müsste so sein, wie sein Erzeuger. Aber immer mehr wuchsen meine Gefühle für den kleinen Mann.


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