unerhört: Warum kann ich mich nicht entscheiden?

Zwischen Familie und Affäre. Warum kann ich mich nicht entscheiden? Und: Woher kommt meine Unsicherheit vor der Hochzeit?

Frage: Vor der Hochzeit kommt die Unsicherheit. Sind wir zu unterschiedlich?

Mein Partner und ich sind wirklich glücklich miteinander. Wir ergänzen uns hervorragend und leben auch schon mehrere Jahre zusammen. Im Moment planen wir unsere Hochzeit. Eigentlich alles perfekt, aber ich muss mir immer vorstellen, wie wir ständig streiten. Das Problem: Wir wollen beide auf jeden Fall Kinder, aber haben extrem unterschiedliche Ansichten vom Umgang und der Erziehung. Es gibt Momente, da denke ich, vielleicht trennt man sich besser im Guten jetzt, während man noch relativ jung ist, anstatt im Alter, im Streit, wenn dann Kinder da sind. Aber ich liebe ihn viel zu sehr, um mich von ihm zu trennen und denke mir, vielleicht bekommen wir doch keine Kinder und wer weiß wie die Welt in fünf Jahren aussieht. Diese Gedanken quälen mich immer wieder. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Was soll ich tun?

Antwort: Sie haben eine ganz menschliche Sorge vor Verantwortung und Verpflichtung

Sie planen aktuell Ihre Hochzeit. Herzlichen Glückwunsch! Es ist sehr üblich, sich zu einer solchen Lebensstation Fragen zu stellen, die so weitreichend sind wie die Entscheidung, die Sie treffen wollen. Die möglichen Veränderungen verunsichern. Sie fragen sich, ob Sie sich wirklich sicher sein können. Und weil Sie wissen, dass Sie es niemals sein können, beschäftigen Sie sich mit den Aspekten, von denen Sie wissen (oder glauben zu wissen), wo es haken wird. Die anderen, positiven Überraschungen, die das Eheleben für Sie bereithalten wird, kennen Sie ja noch gar nicht. Das ist der Grund, weshalb Sie die Gefahren und Risiken im Moment so intensiv erleben. Sie beschreiben Zweifel, wie sie jedes Paar erlebt, das seine Beziehung auf die nächste Stufe heben will. Was die Partner empfinden, wird vielleicht nicht immer glasklar formuliert, doch die Frage stellen sich beide: “Ist das wirklich richtig, was ich da mache? Kann das überhaupt gut gehen, wo wir doch …?”. Und dahinter fügt jeder Partner seine Fragen und die Unterschiede ein, die ihm einfallen.

Die wenigsten Paare machen das gemeinsam, stattdessen führt jeder Partner seine eigene Liste. Das verunsichert. Ich möchte Ihnen raten, mit Ihrem Partner über Ihre Sorgen zu sprechen. Vielleicht schreiben Sie diese Sorgen jeweils auf einen Zettel. Dann begründet für Sie Ihr Partner, warum er denkt, dass Ihnen dieses Thema so wichtig ist. Und dann umgekehrt. Hinterfragen Sie gemeinsam die Relevanz des möglichen Konfliktes (der ja noch nicht einmal entstanden ist!) und die Ursachen für Ihre Sorgen. Denken Sie dabei an Ihre Kindheit und was Sie erlebt haben. Sie werden feststellen, dass viele Glaubenssätze und Überzeugungen, was “gut und richtig” ist, durch frühe Erfahrungen geprägt wurden. Ihr Partner hat andere Erfahrungen gemacht und für ihn ist deshalb auch etwas anderes “wahr und richtig” als für Sie. So wie Sie Ihre Beziehung beschreiben, stehen die Chancen gut, dass Sie damit klarkommen. Falls Sie sich nicht trauen, das alleine als Paar zu machen, suchen Sie sich für eine solche Übung einen Coach oder Berater, der das moderiert und Ihnen hilft, Ihre Gedanken besser einzuordnen. Wichtig ist, dass Sie die Andersartigkeit Ihres Partners respektieren und dass Sie als Paar lernen mit Konflikten umzugehen, für die es keinen Kompromiss gibt. Das erlebt jede Beziehung – das ist nicht schlimm und muss kein Trennungsgrund sein. Sie beide wünschen sich Kinder. Das ist eine große Gemeinsamkeit. Sie eint viel mehr als Sie trennt, wenn Sie genau hinsehen.

unerhörtehrlich

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