Auf der Suche nach dem guten alten Rendezvous

Zugegeben: Bei manchen Dingen ist es gar nicht so schlecht, wenn sie aus der Mode kommen. Tiefergelegte Ford Fiestas zum Beispiel. Oder Toast Hawaii. Und dann gibt es die anderen Dinge, die man schmerzlich vermisst, weil ihnen der ‚Old school‘-Stempel aufgedrückt wird

Und genau dies scheint gerade mit der wunderschönen Angelegenheit des Kennenlernens, genauer gesagt dem guten, alten Rendezvous zu passieren. Wir erinnern uns. Das Rendezvous oder Date oder Stelldichein ist die prickelnde, erste Begegnung zweier Menschen, die sich ganz offensichtlich füreinander interessieren.

Es war einmal vor langer Zeit, da galten für diese Treffen bestimmte Höflichkeitsregeln, auch Etikette genannt. Natürlich sind die stereotypen Verhaltensregeln für Männer und Frauen inzwischen aufgebrochen und ich möchte hier ja auch nicht für die Wiedereinführung der Anstandsdame werben. Aber ein paar grundsätzliche Dinge sollte man schon erwarten dürfen, wenn man sich zu einer Verabredung begibt. Und natürlich auch selbst beachten, denn auch hier haben wir es – wie es in Liebesdingen ja so oft der Fall ist – mit dem Respekt vor dem Gegenüber zu tun. Und vor allem sollten wir nicht vergessen, dass ein Date auch immer ein Datum werden kann. Nämlich der Beginn einer wunderbaren Beziehung.

Die Realität eines Dates sieht mittlerweile oft allerdings eher nach anstrengendem Marathon als nach entspanntem Spaziergang aus. In jeder Hinsicht. Da sitzen nämlich auf einmal Eigenschaften mit am Tisch, die man auf gar keinen Fall bei sich zuhause auf der Couch haben möchte. Und im Bett schon gleich gar nicht, wenn wir schon einmal dabei sind.

Meine persönliche ‚Run, baby, run‘ – Liste der Dinge, die ich bei einem Date auf gar keinen Fall erleben möchte, liest sich wie folgt:

Unhöflichkeit

Ja, ich kann mir die Tür selbst aufhalten. Ich kann mir auch selbst nachschenken und Komplimente werden sowieso überbewertet, da ich jeden Tag in meinen besten Kleidern perfekt geschminkt auf den höchsten Hacken, die ich besitze, vor die Tür gehe. Mich muss auch niemand nach Hause bringen. Ich winke mir mein Taxi gerne selbst ran und finde ein ‚Hau rein, bis bald!‘ eine durchaus akzeptable Form der Verabschiedung. ‚Auf Wiedersehen‘ wäre auch unangebracht. Denn das findet garantiert nicht statt.

Desinteresse

Ganz ehrlich, wer keine Lust auf eine fließende Konversation hat, sollte sich nicht zu einem Date verabreden. Denn dort sitzt man gewöhnlich zu zweit am Tisch und ein Dialog erfordert nun einmal mindestens zwei aktiv Beteiligte. Ein gutes Gespräch läuft in der Regel so: Frage. Antwort. Gegenfrage. Antwort. Beiderseitige Zustimmung oder neue Perspektive. Gutes Gefühl. Repeat! Und zwischendurch mal ein Wasser trinken.

Abwesenheit bei Anwesenheit

Ein Smartphone hat bei einem ersten Date nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Es sei denn, man zeigt sich Fotos oder schreibt Mutti nochmal kurz, dass es heute später wird. ‚Ich muss noch mal kurz diese Mail beantworten‘, oder ‚Ich habe gerade schon wieder drei Superlikes bekommen‘ ist alles andere als lässig. Es ist unsouverän und vermittelt einen guten Eindruck davon, wie man demnächst wie ein altes Butterbrot auf der Parkbank vergessen wird.

Distanzlosigkeit

Ja, ich weiß, Nacktfotos bekommt man inzwischen schneller zugeschickt, als man sich selbst überhaupt ausziehen kann. Wir leben in einer aufgeklärten, maximal erotisierten Welt. Das kann ja auch etwas Schönes sein. Aber wer nach dem ersten Date ungefragt und unaufgefordert auf absolute Tuchfühlung geht, der hat einfach verloren. Dieses ‚Nur mal kurz anfassen, ob sich dein Hintern auch so gut anfühlt, wie er aussieht‘ ist einfach kein Kompliment, das zieht.

Und jetzt? Ziehe ich mir was Hübsches an und freue mich auf den Abend und ein Date. Da es draußen so schön regnet, erwarte ich natürlich, dass mir der Mantel über die Pfütze…Nein, Quatsch. Da springe ich schon selbst rüber.


Weitere interessante Beiträge
Flirten in der Bar
Weiterlesen

Inside PUA: Ein Pick-up-Artist packt aus

Pick-up-Artists sind die Casanovas des neuen Jahrtausends. So sehen sich viele von ihnen zumindest selber. Handelt es sich bei diesen „professionellen Verführern“ um perfide Manipulatoren, die die Herzen der Frauen reihenweise brechen? Wir lassen einen von ihnen anonym zu Wort kommen. Ein brutal ehrlicher Erfahrungsbericht und zugleich eine Reise in die dunkle Nacht