Älter, Größer, Heißer – wie ich Partner-Idealen den Stinkefinger zeigte

Wir alle haben eine gewisse Vorstellung unserer Idealpartner:innen. Doch sind diese Ideale wirklich unsere tiefsten eigenen Wünsche oder sind wir hier durch gesellschaftliche Normen “versaut” und kennen unsere eigenen Präferenzen gar nicht mehr? Unsere Autorin Nathalie geht dieser Frage auf den Grund.

Denn nun bin ich mit exakt diesem Mann glücklich verheiratet und wir bauen uns eine gemeinsame Zukunft auf. Und tatsächlich ist er der Größte für mich. Er trägt mich auf Händen und ich schaue nicht selten zu ihm auf – trotz der 7 Zentimeter Größenunterschied und den 6 Jahren die uns – vermeintlich – trennen. 

Und ich beginne mich zu fragen, ob dieses ganze Konstrukt von Idealen wirklich unsere tiefsten eigenen Wünsche sind. Oder sind wir hier durch gesellschaftliche Normen “versaut” und kennen unsere eigenen Präferenzen gar nicht mehr? Oder gehen wir noch weiter: Vielleicht haben wir ja gar keine Wunschvorstellung und Partner-Ideale, sondern glauben das nur!? Fragen über Fragen. 

Woher kommen diese Partner-Ideale eigentlich? 

Ist dir aufgefallen, dass die meisten Partner-Ideale sich größtenteils um körperliche Attribute drehen? Meist sind es Eigenschaften, die einfach ersichtlich sind und keinerlei Aussage über die Persönlichkeit, die Gefühle, Interessen oder die Werte und Moralvorstellungen erlauben. 

1. Das soziale “Normal” 

Und wie in so vielen Lebensbereichen handelt es sich auch hier um sozial auferlegte Normen und Prägungen, dessen, was wir täglich sehen. Denn das wird unser “Normal”. Ich erinnere mich noch daran, dass es mir wichtig war, dass auf unserem Hochzeitsbild nicht erkennbar ist, dass ich größer bin. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich das akzeptieren konnte. Mittlerweile bin ich dieser Denke glücklicherweise entwachsen und kann mein Glück genießen, ohne darüber nachzudenken, was andere gerade denken. Denn die sehen in den allermeisten Fällen ohnehin einfach ein glückliches Paar, bemerken den Größenunterschied und denken danach nicht weiter drüber nach.  

2. Optimales Erbgut 

Und dann sind da noch evolutionäre Gründe, die bei der Partnerwahl eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Denn wir suchen uns biologisch passende Partner:innen aus. Männer sollen vor allem körperliche Stärke, Abenteuerlust und Durchsetzungsfähigkeit besitzen – schließlich soll der Nachwuchs auch stark werden. Misses Right sollte große Augen, volle Lippen, prominente Wangenknochen und ein kurzes Untergesicht haben oder knapp gesagt, einen hohen Östrogenspiegel. Dieser verspricht nämlich eine bessere und gesündere Schwangerschaft. 

Ihr seht, es geht also – offensichtlich auch ohne Kinderwunsch – darum, den optimalen Nachwuchs zu kreieren. Und noch eines war von zentraler Bedeutung: Der oder die Partnerin sollte uns ähnlich sein, damit sichergestellt werden konnte, dass diese Gene weitergegeben werden. Denn noch vor einiger Zeit war das Überleben unserer Nachkommen, und damit nicht zuletzt das Überleben der eigenen Gene, nur den stärksten Kindern vorbehalten. 

3. I love my Mom 

Und dann sind da noch psychologische Gründe, die bei der Partner:innen-Wahl eine große Rolle spielen. Denn äußerliche Ähnlichkeiten signalisieren uns gleiche Interessen und somit ein niedrigeres Konfliktpotential.  

Wusstest du beispielsweise, dass 80 Prozent in Hetero-Beziehungen ein:e Partner:in bevorzugt, die dem gegengeschlechtlichen Elternteil ähnelt? So sucht Sie also einen Partner, der dem Vater ähnelt, während Er sich zum Pendant seiner Mutter hingezogen fühlt. 

Lasst uns das also nochmal zusammenfassen… 

Bewusst suchen wir uns also vor allen Dingen Partner:innen aus, die der gesellschaftlichen Norm entsprechen – wir wollen gefallen. Unserem Unterbewusstsein geht es aber vorrangig um Sicherheit und Nachwuchsproduktion, also immer noch sehr evolutionäre Gründe.  Außerdem soll eine Partnerschaft möglichst konfliktarm sein – aber welche Partnerschaft ist das schon…?

Was, wenn ich mich in “Mister Wrong” verliebt habe? 

Zuerst einmal, wenn er oder sie für dich reizvoll ist, ist das erst einmal wichtiger, als gesellschaftliche Normen, Partner-Ideale oder Nachwuchsproduktion. Nun weiß ich aber aus eigener Erfahrung, dass das leichter gesagt ist, als getan. 

Versuche einmal, dir folgende Fragen zu stellen: 

  • Möchte ich überhaupt Kinder haben?
    Wenn du diese Frage mit Ja beantwortest: Glaubst du, dass unsere Medizin weit genug ist, fast jedes Hindernis zu überwinden? 
  • Bin ich bereit kommunikativ zu wachsen und meinen Horizont (auch durch Konflikte) zu erweitern? 
  • Sind mir gesellschaftliche Normen wirklich wichtig? 
  • Und was zählt für mich wirklich in einer Partnerschaft? Optik oder Gefühl? 
  • Ist es möglich, dass sich ein Körper mit mehr oder weniger Speckfältchen, mehr Haaren oder Rundungen vielleicht genauso schön anfühlt, wie der, den ich mir ursprünglich vorgestellt habe? 
  • Ist mir die innere Größe meines:r Partners:in wichtiger, als die äußere? 

Mit diesen Fragen verabschiede ich mich für heute. Und ich wünsche mir, dass du Mister oder Misses Right eine Chance gibst – auch wenn er oder sie auf den ersten Blick anders erscheint, als du es dir immer ausgemalt hast.  

Denn das ist doch das wirklich Schöne am Leben: Meist kommt es anders als man(n) denkt. Und das ist auch gut so. 


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