Warum ich mich für eine monogame Partnerschaft entschieden habe

Auch deshalb haben offene Beziehungen für mich nie funktioniert, denn ich habe mich dabei leider immer wieder fremd verliebt. Sex und Gefühle zu trennen, fiel mir stets schwer und ich würde sagen, dass es mir auch heute nicht gelingt. Wenn ich Sex habe und dieser gut ist, überfluten eine Vielzahl von Bindungs- und Glückshormonen meinen Körper und ich will mehr davon. Sex zu haben, diesen zu genießen und danach einfach zu gehen ohne für den anderen Gefühle zu entwickeln, konnte ich noch nie. Selbst wenn der Sex nicht der beste meines Lebens war, bei mir galt: „Wenn er drinsteckt, bin ich schon verliebt!“. Diese Unfähigkeit, meine emotionalen Bedürfnisse und meine sexuellen Begierden trennen zu können, trieb mich lange um. Ich wollte ficken wie ein „Mann“ und doch verliebte ich mich immer wieder wie ein „Mädchen“ – meist in die falschen Männer.

Was will ich wirklich?

Irgendwann begriff ich, dass nicht die Männer mein Problem darstellten, sondern meine Erwartungshaltung, die ich an sie stellte. Ich suchte die eierlegende Wollmilchsau, die mir alles gab, wonach ich mich sehnte und mit der ich keine Kompromisse eingehen müsste. Doch wenn mein Ziel eine langfristig erfüllte Beziehung ist – und das war es stets – , dann gehören Kompromisse einfach dazu. Und in einer Beziehung gehört es eben auch dazu, dass Gelüste unterschiedlich verteilt sind und der eine manchmal fast vor Lust explodiert, während der andere gerade einfach nicht möchte. In der Tat ist es absolut normal, dass man hier aufeinander eingehen und auch mal ein Nein akzeptieren muss ohne es persönlich zu nehmen. Auch hier liegt die Lösung darin, den anderen so anzunehmen wie er ist und ihn nicht so formen zu wollen, wie man ihn gern hätte. Der Partner ist schließlich ein Komplettpaket und kein Buffet, von dem man nur seine Lieblingsdinge herunternascht. Die Frage ist nur, wie man mit diesen teils unterschiedlichen Bedürfnissen umgeht.

Das, was es mir schließlich möglich machte trotz meiner oft überbordenden Lust die Grenzen einer Beziehung auszuhalten, war mir klar zu werden, was ich eigentlich will und was ich höher priorisiere. Will ich die Hure im Bett sein, die stets von Mann zu Mann springt oder will ich eine langfristig erfüllte Paarbeziehung führen, bei der ich meine Zügel auch mal fester anziehen muss und eben nicht jederzeit meine Lust mit jedem Mann ausleben kann?

Ich habe mir deshalb klar gemacht, was die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben sind und auf welches Leben ich zurückblicken möchte, wenn ich einmal alt bin. Sexuelle Erfahrungen habe ich in meinem Leben nämlich wahrlich genug gesammelt und diese haben mich nie dauerhaft glücklich gemacht, sondern mir immer nur kurzfristige Kicks gegeben. Eine starke Paarbeziehung zu führen, die langfristig trägt und mein Leben bereichert, ist mir wichtiger als die vielen kleinen Abenteuer, die bedeuten, dass ich dann doch wieder die Mehrzahl der Nächte alleine schlafe. Die Entscheidung für eine monogame Beziehung ist deshalb eine Abwägungssache und eine ganz persönliche Entscheidung. Wenn ich mich für diese entscheide, dann entscheide ich mich vielleicht gegen sexuelle Freiheit, aber ich bekomme eben auch so viel mehr: Einen Anker im Leben zu haben, den mir mein Partner immer wieder auswirft, und uns gemeinsam etwas aufzubauen, das größer ist als wir beide, ist für mich bedeutungsvoller als all das, was ich in meinen Zwanzigern an wilden Spielchen erlebt habe. Es erscheint mir ebenso wertstiftender, Kinder und Enkelkinder um mich herumzuscharen und zu wissen wo ich im Leben hingehöre.

Ich habe mich daher für meine Vorstellung echter Liebe und einer beständigen partnerschaftlichen Verbundenheit entschieden und fahre gut damit, diese über meine grenzenlose Bedürfnisbefriedigung zu stellen. Das ist meine Entscheidung und diese bringt in ihrer Umsetzung auch immer mal wieder Herausforderungen mit sich, aber ein Leben ohne meinen Partner an meiner Seite wäre eine viel größere Herausforderung und entspricht nicht dem Leben, das ich führen möchte. Denn auch wenn es heute fast schon spießig und romantisch klingt – gelebte Monogamie kann verdammt glücklich machen.


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