Bock. Männer und Sex – Ein Buchtipp

Nachdem Katja Lewina in ihrem ersten Buch „Sie hat Bock“ über alle Klischees, Mythen und Tabus rund um weibliche Sexualität geschrieben hat, sind nun die Herren der Schöpfung an der Reihe. Was ist los mit den Männern? Und was wollen sie wirklich?

»Ja, Mannsein ist nicht leicht. Einen auf krassen Stecher machen, immer wollen, immer können, perfekt verführen. Klar, dass man sich angesichts solcher Erwartungen gern mal in die Hose macht. Warum aber überhaupt Normen hinterherjagen, die nur die wenigsten erfüllen können?«
Katja Lewina

Gute Frage! Um diese zu klären, braucht es echte Typen, die Klartext reden und schonungslos ehrlich über ihre Männlichkeit philosophieren. Und Katja Lewina hat sie gefunden. Mit den weitestgehend anonymisierten Männern spricht die dreifache Mutter über deren intimsten Erfahrungen und Gefühle, über deren Lust und Bettgeschichten sowie über deren Platz in der Gesellschaft. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwiefern gesellschaftliche Erwartungen und Sozialisierung die männliche Geschlechterrolle beeinflussen. Und wie sich Männer endlich aus den Fängen des Patriarchats befreien können.

Das Buch läuft ein ganzes Männerleben ab, vom ersten Schrei des kleinen Babyjungen bis zu seinem Ende im Altersheim. Dabei versucht Lewina alle Themen und Abzweigungen, die das Leben so mit sich bringt, aufzugreifen, um das gängige Narrativ von männlicher Sexualität zu hinterfragen. In jedem Lebens- (und Buch-)abschnitt werden andere Fragen drängend: Während ein Teenager das erste Mal masturbiert oder Angst hat, dass sein Penis zu klein ist, befürchtet der Sechzigjährige, dass seine Erektion nicht lange genug anhält.

Man muss dazu sagen, dass sich das Buch hauptsächlich um cis Heteromänner dreht. Das liege daran, dass gesellschaftliche Normen betrachtet werden, die die meisten Männer mit einer anderen sexuellen Orientierung ohnehin über Bord werfen mussten, um ihre Identität leben zu können, so die Autorin.

Mit ihrem humorvollen, schambefreiten und direkten Schreibstil, der zum Schmunzeln wie auch zum Nachdenken anregt, zerschießt Katja Lewina Stereotype, zeigt Alternativen auf und macht so kurzen Prozess mit Gender-Klischees.

Neugierig geworden? Hier ist ein kurzer Buchauszug für dich. Enjoy!

Aus dem Kapitel: Mütze-Glatze

Den Jürgen würgen. Dem Einäugigen die Hand schütteln. Die Wurst pellen. Ihr wisst schon, worauf ich hinauswill, oder? Es sich selber machen. So richtig wild wird das mit dem Onanieren zwar erst jetzt, in der Pubertät, aber eigentlich gehen die körperlichen Erkundungstouren los, sobald ein Baby kontrolliert greifen kann. Schon fängt es an, nach seinen Händen und Füßen zu schnappen, kneift sich in die Nase, und ja, auch in seinen Penis. Jedenfalls, wenn es die Gelegenheit dazu bekommt. Wer je ein männliches Kleinkind in freier Wildbahn erlebt hat, wird vermutlich Folgendes beobachtet haben: Sobald man ihm die Windel abnimmt oder den Schlüpfer auszieht, sucht seine Hand zielstrebig seinen Penis, um an ihm herumzuspielen. Fühlt sich halt gut an. Und ist überhaupt megaspannend so ein Ding: Den größten Teil des Tages unter Schichten von Klamotten versteckt, übt der Pimmel allein durch seine Unerreichbarkeit eine Faszination aus.

Nicht so wie zum Beispiel diese banalen Füße, die man sich quasi jederzeit mal eben so in den Mund schieben kann! Einen Penis kann man in die Länge ziehen oder in den Körper zurückdrücken, man kann ihn quetschen, rollen, hin- und herschwenken. Und wenn man will, hat man seinen eigenen Propeller. Sogar als Waffe eignet er sich hervorragend: Man kann mit ihm rumfuchteln wie mit einem Schwert, und lässt man dabei einen Pipistrahl raus, dann gelingt der Angriff auch auf Distanz. Manchmal entsteht dabei sogar eine kleine Erektion.

Megading einfach!

Kein Wunder, dass Sigmund Freud irgendwann auf die Idee kam, alle Mädchen wären neidisch auf die Jungs. Eine Vulva – langweiliger geht’s ja wohl nicht! Da muss man ja geradezu einen Penisneid entwickeln. Diese Theorie gilt zum Glück zwar als überholt, neidisch können Mädchen aber trotzdem sein. Nicht unbedingt auf das männliche Genital als solches (auch wenn es wirklich kein übles Gerät ist), sondern auf den Umgang unserer Umwelt mit ihm. Als Mutter dreier Kinder habe ich oft die Gelegenheit, andere Eltern zu beobachten. Und auch wenn ich nicht behaupten kann, dass in meiner Gegenwart ständig Kinder an ihren Genitalien rumspielen würden, so gibt es doch immer wieder Situationen, in denen das passiert – und Eltern ganz unterschiedlich reagieren, je nachdem, welches Geschlecht ihr Kind hat.


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