Warum organisierte Frauen einen Chaoten als Partner brauchen

Wenn sich in der Küche das Geschirr meterhoch stapelt und seine Kleidung in der ganzen Wohnung herumliegt, wird der Gleichmut unserer Gastautorin Julia Bencker ziemlich auf die Probe gestellt. Warum sie sich trotzdem keinen ordentlicheren Partner wünscht, verrät sie in diesem Beitrag

Mein Freund ist ein Chaot. Er vergisst Termine, Schlüssel, den frisch aufgebrühten Kaffee in der Küche, während er im Wohnzimmer schon am Tüfteln ist. Wichtige Briefe bleiben tagelang ungeöffnet, kleine organisatorische Aufgaben wie Arzttermine bereiten ihm fast physisches Unbehagen. Er sieht Schmutz und Unordnung viel später als ich. Wenn sich mir schon die Fußnägel hochrollen vor Ekel, duscht er noch tiefenentspannt im dreckigen Badezimmer. Einzig seine Plattensammlung und seine DJ-Controller unterliegen einem komplexen, durchdachten System, was meinem Seelenfrieden leider wenig bringt.

Ich rege mich häufig auf über dieses Chaos. Ich kann erst zur Ruhe kommen, wenn um mich herum Ordnung herrscht. Unordnung verschafft meinen Gedanken und Ideen nicht den Raum, den sie zur freien Entfaltung brauchen. Wenn ich von zuhause aus arbeite, muss ich vorher erstmal aufräumen, sonst bleibt mein Bildschirm weiß und mein Kopf voller nicht erledigter To Dos. Damit entspreche ich nicht dem typischen Klischee des freiheitsliebenden Künstlers, aber so ist es nun mal.

Und dennoch würde ich meinen Chaoten zu keinem Zeitpunkt gegen einen ordnungsliebenden Mann tauschen. Ich habe da eine Theorie, dass durchorganisierte Frauen wie ich das Chaos erstens magisch anziehen und zweitens zum Überleben brauchen. Sonst würden wir gar nicht merken, wie unser straffer Terminkalender sich wie eine Schlinge um unseren Hals legt und wir langsam an unserer Selbstoptimierung ersticken.


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