Ist eine Verlobung noch zeitgemäß?

Jana und Matthias haben lange gebraucht, um ihr Glück in der Liebe zu finden. Beide gehörten der unseligen Spezies von Frauen und Männern an, die sich immer wieder in den sogenannten „falschen“ Menschen verliebt haben.

Für mich ist das wie eine Ehevorbereitungszeit, auf diese Weise verstehe ich die Verlobung. Eine Freudenzeit, in der wir unsere Liebe besonders intensiv genießen. In Phantasien schwelgen, wie wir unser Leben gestalten und unsere Ehe führen werden. Ich komme überhaupt nicht damit klar, wie Matthias denken kann, dass ich ihm, dass ich uns, nicht richtig traue. Das empfinde ich als feindselig und kalt.“

Was bedeutet für uns die Verlobungszeit?

Sich auf den Tag der Hochzeit freuen, die Tage bis dahin zählen, schöne Dinge unternehmen, sich die harmonische Ehe ausmalen, das sind genau die „Pläne“, die Matthias auch für die Zeit vor der Hochzeit hat. Doch er braucht dafür keine eigene Zeremonie.

Er sagt: „Das ist doch das großartige, dass Jana und ich uns getroffen haben und es vom ersten Moment an kein Wenn und Aber gab. Wir wussten, dass wir zusammengehören. Ich bin kein Kommunikationswissenschaftler, ich bin Jurist. Doch ich lege auch schon von Berufs wegen Wert auf jedes einzelne Wort, dessen Herkunft und Verwendung, auf die Waage. Eine Verlobung ist zum Beispiel in Kulturen wichtig, in denen Ehen arrangiert werden, auch über Heiratsvermittler, die Verlobung trägt dann das Eheversprechen sozusagen nach außen, macht es offiziell. Man kann dann kaum noch zurück, falls man während der Verlobungszeit merkt, dass es nicht läuft, dann macht der Clan Stress. Da graust es mir, das ist nicht mein Ding. Ich bin froh, dass Jana und ich uns aus völlig freien Stücken für einander entschieden haben, dass wir als moderne Menschen freie Partnerwahl hatten.

Für mich ist es total wichtig, dass über der Liebe die Fahne der Freiheit weht. Wenn Jana mir vorwirft, dass ich womöglich an unserer Beziehung zweifele, weil ich ihren Wunsch nach einer Verlobung nicht nachvollziehen kann, täuscht sie sich. Jana war wunderbar. Sie ist es. Und sie wird es bleiben. Sie ist hier nur meines Erachtens auf einem Irrweg. Anders formuliert: Wir haben eine Meinungsverschiedenheit, wir diskutieren also über die Bedeutung eines Begriffs, wir füllen ihn jeweils anders. Strenggenommen müsste ich Jana noch einen Antrag für eine Verlobung machen, ich habe ihr auf klassische Weise den Heiratsantrag gemacht und hätte dann klassischerweise auch den Akt der Verlobung einleiten müssen. Dazu gehört ein eigener Ring. Was das alles nach sich zieht, wir haben doch mit den Vorbereitungen für die Hochzeit schon genug zu tun.“


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