Buchtipp „Heiraten ist gar nicht schwer“

Als grobe Faustregel gilt: Es kann nie schaden, sich vor Augen zu führen, dass einem fast alles am eigenen Partner irgendwann tierisch auf die Nerven gehen wird. Das ist unvermeidlich. Doch er wird sich nicht ändern, so sehr man sich das wünschen mag. Oder er ändert sich, aber nur in Punkten, in denen man es eigentlich nicht wollte. Je länger man den Partner kennt, desto mehr seiner Eigenheiten, die man zu Beginn toll fand, werden als lästig empfunden und entlocken einem nur noch ein Augenrollen. Und plötzlich würde man den anderen am liebsten auf den Mond schießen. Das Problem der Vertrautheit löst man nicht, indem man die vermeintlich richtige Person für sich wählt – wobei Sie Ihre Wahl um Himmels willen mit Bedacht treffen sollten –, sondern indem man sich eine Lösung überlegt für die Zeit, wenn die rosarote Brille nicht mehr funktioniert und man mit Entsetzen feststellt, dass man mit diesem Menschen den Rest seines Lebens verbringen soll.

Als ich meinen Ehemann kennenlernte, fand ich es toll, dass er eine solche Begeisterung für seinen Beruf an den Tag legte. Seine Liebe zur Architektur war, was mich betraf, total ansteckend. Mein Dad, der früher als Versicherungsagent arbeitete, und zwar in einem Bereich, den er selbst als den »weniger aufregenden« Sektor des Versicherungswesens bezeichnete, war immer ein zuverlässiger Brotverdiener, hatte aber keinerlei Interesse daran, auch nur mit einer Menschenseele über seinen Job zu sprechen. Viel lieber quetschte er meine Mom, die als Lehrerin arbeitete, Abend für Abend beim Essen aus, wie es in der Schule gewesen sei. Mein Mann hingegen zieht viel Energie aus seinem Beruf, der ihm große Freude bereitet. Er ist ein Genie in seinem Job und zeigt sich begeistert über die Arbeiten seiner Kollegen. Anfangs rannte ich mit ihm voller Enthusiasmus zu völlig abgelegenen Kunstbuchhandlungen, zu unbekannten Gebäuden und zu Vorträgen. Irgendwann aber hatte ich es satt, dass sich alles in unserem Leben um Architektur drehte, von unseren alltäglichen Gesprächen über Freizeitaktivitäten bis hin zu Entscheidungen über unser weiteres Zusammensein. Wie gern hätte ich einfach mal über belanglose Dinge geredet, hätte Urlaub in einer hübschen Wüste oder auf hoher See gemacht, ganz egal, wo, Hauptsache, keine Gebäude, die man besichtigen konnte. Doch man kriegt die angenehmen Aspekte einer solchen Leidenschaft nun mal nicht ohne diejenigen, die einem irgendwann nur mehr ein genervtes »Oh nein, nicht schon wieder« entlocken. Es sind die zwei Seiten einer Medaille.

Außerdem ist das Leben mit mir auch nicht immer der reinste Ponyhof. Ich bin jemand, der jede unangenehme Situation mit Humor zu meistern versucht. Ich kann nie ernst bleiben, sondern entschärfe eine knifflige Lage regelmäßig, indem ich etwas Witziges vom Stapel lasse. Den Leuten gefällt meine unerschrockene Art, keine Frage. Mit Humor lässt sich jedes noch so steife Beisammensein auflockern, jedem noch so schwierigen Moment die Anspannung nehmen. Diese Strategie ist praktisch, wenn man wie ich ständig Deadlines für Texte einzuhalten hat. Ich würde durchdrehen, wenn ich den ganzen Stress nicht mit einer Prise Humor nehmen könnte. Der große Vorteil aber ist: Mit der richtigen Art von Heiterkeit kann man auch eine Ehe lebendig erhalten. Andererseits empfindet man einen Menschen, der ständig lustige, unerschrockene Bemerkungen macht, manchmal einfach nur als destruktiv oder gemein. So jemanden kann man in einem todernsten Meeting nicht gebrauchen, genauso wenig wie in einem Gespräch, in dem es um etwas Schmerzliches oder Peinliches geht. Man wünscht sich garantiert nicht, dass eine solche Person ihren Kollegen Geschichten über einen erzählt. Genauso gut kann sich diese Eigenheit also auch negativ auf die Überlebensfähigkeit einer Ehe auswirken. Dann wird sie zu einem richtigen Hemmschuh.

Ich würde sagen, in fünfzig Prozent der Fälle weiß ich nicht, ob ein Witz gerade angebracht ist oder nicht. In mindestens zwölfeinhalb Prozent der Fälle verletze ich die Gefühle meines Gesprächspartners. Ich habe mich mit dem Alter zwar etwas gebessert, was diese Prozentzahlen betrifft, aber ich merke es einfach nicht, wenn ich besser meine Klappe halten sollte. Andererseits wäre es doch auch ein Zeichen der Gleichgültigkeit, wenn ich mich niemals über die Menschen, die ich liebe, im Guten lustig machen dürfte. Denn nur ein gefühlloses Monster würde nie versuchen, die eigene Familie zum Lachen zu bringen.

Es ist nicht nur so, dass wir den Ehepartner nicht beliebig austauschen können; wir würden es im Grunde genommen auch gar nicht wollen. Denn das, was wir an unserer besseren Hälfte lieben, ist automatisch an das gekoppelt, was uns an ihm beizeiten rasend macht. Ist Ihr Partner besonders sportlich und durchtrainiert? Dann wird es Sie trotzdem irgendwann zur Weißglut treiben, weil er so viel Zeit im Fitnessstudio verbringt. Sieht Ihr Partner besonders gut aus? Dann wird es Sie tierisch ärgern, wenn andere ihm schöne Augen machen. Sie finden es bewundernswert, wie kreativ Ihr Partner ist? Oh je, aber all das Chaos, das er nach einem Anfall der Inspiration hinterlässt. Ist Ihr Partner extrem ordentlich und immer bestens organisiert? Wenn er nur nicht immer so ein Getue machen würde!“

Belinda Luscombe, Heiraten ist gar nicht schwer © Mosaik Verlag, April 2019

Belinda Luscombe
Heiraten ist gar nicht schwer
ISBN: 978-3-442-39342-8
Verlag: Mosaik Verlag


Weitere interessante Beiträge