Alles mit Einem für immer

Welche Ansprüche kann die Liebe aushalten? Die Philosophin Birgit Ehrenberg und der Paarberater Eric Hegmann im Gespräch über die Idee des „Alles mit Einem für immer“ (AMEFI)

Liebe Frau Ehrenberg, lassen Sie uns über Erwartungen und Ansprüche sprechen. Eine häufige These, weshalb es so viele Singles gibt, ist ja, dass diese zu hohe Ansprüche stellten. Unser Autor André Martens nannte dieses Phänomen die „Mercedes-Mentalität“.

Kann sich Liebe von Ansprüchen leiten lassen? Fällt sie nicht eher dahin, wohin sie eben fällt? Wenn man sich für die Liebe tatsächlich öffnet.

Da bringen Sie mit einer vermeintlich harmlosen Handvoll von Sätzen gleich ein paar sehr gewichtige Worte ins Spiel: „Erwartungen“, „Ansprüche“, die Wendung „sich für die Liebe öffnen“. Und Sie wissen, ich habe es mit den Worten, ich lege, was die Liebe angeht, jedes auf die Goldwaage und zerlege es. Das fängt schon mit dem Wort „Liebe“ an.

Auf den Ausdruck „Ansprüche“ kann ich gar nicht richtig eingehen, nicht ohne eine gewisse Polemik jedenfalls. Allein die Formulierung „Ansprüche“ macht mir Bauchschmerzen. Ich habe „Ansprüche“ an die Rentenkasse, weil ich in diese eingezahlt habe, ich kann mich auch mit Fug und Recht mit „Ansprüchen“ an meine Haftpflichtversicherung wenden, wenn mein Fahrrad gestohlen wurde. Ansprüche melde ich an, wenn ich investiert habe. Aber wie soll ich denn Ansprüche an jemanden haben, den ich noch gar nicht kenne und den ich vor allem lieben will, dem ich etwas Gutes will? Was ist das für eine Abfolge: Erst etwas wollen, dann geben? Sehen Sie mir die Überspitzung bitte nach, lieber Herr Hegmann. Ich weiß natürlich, was Sie meinen, Sie möchten von mir wissen, was man sich von einem geliebten Menschen in spe wünschen kann, was man sich vorstellen darf, wie er sein möge.

Lässt sich das denn überhaupt beeinflussen? Haben wir nicht alle heute ein Idealbild eines Partners? 

Ich würde sagen, man ist mit diesem fixen Bild im Kopf schon auf der falschen Spur. Der Religionsphilosoph Martin Buber sagt: Liebe ist Begegnung zwischen einem Ich und einem Du, die Beziehung ist unmittelbar, zwischen Ich und Du steht kein Vorwissen. So ist es: Es besteht kein Vorwissen, ein treffender Ausdruck. Das bedeutet – simpel gesagt – dass man die Liebe auf sich zukommen lassen soll, man soll sich nicht von seinen Vorstellungen zu ihr „leiten“ lassen. Tue ich das, dann liebe ich meine Vorstellungen, nicht mein Gegenüber.


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