Depression beim Partner: So können Sie ihn unterstützen und Ihre Beziehung stärken

Wenn Sie einen depressiven Partner haben, wird sich dies in der Regel auch auf Ihre Beziehung auswirken. Was Sie im Umgang mit Ihrem depressiven Partner beachten sollten und wie Sie ihn unterstützen können, erklärt der Psychologe André Martens.

Was tun bei Depressionen des Partners? Und was besser nicht.

Was Sie besser NICHT tun sollten, wenn Ihr Partner depressiv ist:

1. Gut gemeinte Ratschläge und Appelle

Versuchen Sie nicht, durch gut gemeinte Ratschläge („Kopf hoch!“) oder – schlimmer noch – Appelle („Jetzt reiß dich mal zusammen!“) etwas zu verändern. Es wird nicht klappen, denn zum Wesen der Depression gehört, dass Ihr Partner (im Moment) nicht kann, obgleich er vielleicht will.

2. Bevormundung

Bevormunden Sie Ihren depressiven Partner nicht. Dies wird über kurz oder lang nur zu Konflikten führen.

3. Helfer-Rolle

Nehmen Sie nicht eine absolute Helfer-Rolle ein. Und nehmen Sie Ihrem Partner nicht alle Verantwortung ab. Das wird ihn noch hilfloser machen, und Sie überfordern sich selbst nur noch mehr.

4. Stigmatisierung

Stigmatisieren Sie Ihren Partner nicht. Und bestärken Sie ihn nicht in einer „Kranken-Rolle“, die ihn nur noch passiver macht. Fördern Sie stattdessen seine Selbstwirksamkeitserwartung, indem Sie die Erwartungen Ihres Partners verstärken, dass er trotz seiner Depression – Schritt für Schritt, in seinem Tempo – doch immer noch viele Dinge eigenständig tun kann.

5. Ersatztherapeut spielen

Spielen Sie nicht den Ersatztherapeuten. Die Therapie einer klinischen Depression sollte ausschließlich durch Experten (Ärzte, Psychotherapeuten) erfolgen. Was Sie allerdings tun können, ist Ihren Partner zu unterstützen (siehe unten).

6. Sich „anstecken“ lassen

Lassen Sie sich von der depressiven Stimmung Ihres Partners nicht anstecken. Sorgen Sie stattdessen für Ausgleich in Ihrem Leben. Sie haben ein Recht darauf, selber Freude und Glück zu empfinden, auch wenn Ihr Partner depressiv ist!

7. Eigene Gefühle nicht zulassen

Lassen Sie eigene Gefühle wie Wut, Ärger, Traurigkeit, Enttäuschung und Hilflosigkeit zu und scheuen Sie sich nicht, sie zu zeigen. Diese Gefühle sind eine natürliche und legitime Reaktion auf momentan schwierige Lebensumstände. Sie wegzudrücken oder zu verleugnen wird Ihr eigenes Befinden nur noch verschlechtern.

Was Sie als Partner eines Menschen mit Depressionen tun können:

1. Lernen Sie die Erkrankung Ihres Partners zu akzeptieren

Lernen Sie zu akzeptieren, dass Ihr depressiver Partner (schwer) erkrankt ist. Verharmlosen Sie seinen Zustand nicht. Reden Sie nichts schön. Diese Akzeptanz allein bewirkt oft schon enorme Entlastung.

2. Seien Sie für Ihren depressiven Partner da

Seien Sie einfach da. An der Seite Ihres Partners. So dass er Ihre Nähe spürt. Das bewirkt oft mehr als tausend gut gemeinte Ratschläge und zeigt ganz ohne Worte: Ich werde für dich da sein, ich bin verlässlich.

3. Motivieren Sie Ihren Partner zu mehr Eigeninitiative

Motivieren Sie Ihren Partner wann immer möglich zu mehr Eigeninitiative. Leben Sie ihm Mut, Hoffnung und Optimismus vor. Drei Eigenschaften, an denen es Ihrem depressiven Partner zurzeit mangelt.

4. Fördern Sie positive Erlebnisse Ihres Partners

Diese werden sich auf seine Selbstwirksamkeitserwartungen (siehe oben) auswirken, und diese wiederum auf sein emotionales Erleben und seine Stimmung.

5. Denken Sie an hinreichend Selbstschutz

Vernachlässigen Sie sich bei aller Fürsorge selber nicht. Sorgen Sie dafür, dass Sie – ohne Schuldgefühle – auch mal an sich selber denken und Ihre eigenen Bedürfnisse ernstnehmen. Tun Sie sich etwas Gutes, geben Sie Ihr Sozialleben nicht auf. Gönnen Sie sich Auszeiten und Ich-Zeiten. Schaffen Sie Ausgleich; das kann Sport sein oder die Pflege von Freundschaften.

In einem Satz: Richten Sie Ihr Leben nicht völlig nach der Depression Ihres Partners aus.

6. Holen Sie sich Rat

Eine Depression macht die Angehörigen des Erkrankten oft ratlos. Holen Sie sich Rat und Hilfe, etwa im Internet oder im Gespräch mit einem Arzt. Reden Sie mit guten Freunden über die neue Situation bei Ihnen zu Hause. Das entlastet.

7. Erlauben Sie sich Ihre eigene Hilflosigkeit

Dies gilt gerade bei längeren Krankheitsverläufen mit regelmäßigen Rückschlägen. Diese Akzeptanz wird es Ihnen erleichtern, die Umstände zu ertragen und gemeinsam mit Ihrem Partner durchzustehen. In der Akzeptanz der Möglichkeit des Scheiterns liegt paradoxerweise ein Keim für die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Fazit: Die eigenen Grenzen in einer Beziehung mit einem depressiven Partner erkennen und achten

Depressionen sind heilbar. Manchmal kann es allerdings eine Weile dauern, bis die richtige, individuell zugeschnittene Behandlungsstrategie gefunden ist, z.B. eine Psychotherapie, Pharmakotherapie oder eine Kombination aus beiden. Wichtig ist daher vor allem, dass sich Ihr depressiver Partner auch tatsächlich – und zeitnah – professionelle Hilfe sucht. Bei dieser Suche können Sie ihn unterstützen.

Bis die Behandlung wirkt, kann leider einige Zeit vergehen. In dieser sollten Sie bei aller liebevollen und wertschätzenden Unterstützung Ihres Partners aber auch immer Ihre eigenen mentalen und körperlichen Grenzen im Blick behalten und vor allem nicht in die Rolle eines Ersatztherapeuten schlüpfen. Wichtig ist in dieser herausfordernden Phase Ihrer Partnerschaft also, dass Sie nicht nur das Wohl Ihres Partners fördern, sondern auch Ihr eigenes. Denn Ihrem Partner helfen Sie auch schon dadurch, dass es Ihnen selbst gut geht.

*Die aufgelisteten Symptome/Merkmale orientieren sich an der DSM-IV-Charakterisierung der American Psychiatric Association sowie dem Beck’schen Depressionsinventar und der Hamilton Depressionsskala.


Literatur und weitere Medien zum Thema depressiver Partner

  • Buijssen, H. (2017): Depression. Helfen und sich nicht verlieren: Ein Ratgeber für Freunde und Familie, Beltz.
  • Görlitz, G. (2015): Selbsthilfe bei Depressionen, Klett-Cotta.
  • Hautzinger, M. (2006): Ratgeber Depression. Informationen für Betroffene und Angehörige, Hogrefe.
  • Johnston, A. (2009): Mit dem schwarzen Hund leben: Wie Angehörige und Freunde depressiven Menschen helfen können, ohne sich dabei selbst zu verlieren, Verlag Antje Kunstmann.
  • Leonhardt, M. (2011): Als meine Seele dunkel wurde: Geschichte einer Depression, dtv. [Eine eindringliche Schilderung der Depression einer jungen Frau.]
  • Was bleibt (Deutschland, 2012), mit Lars Eidinger und Corinna Harfouch, Regie: Hans-Christian Schmid [Der Film zeigt eindrucksvoll und sensibel, wie eine Depression eine ganze Familie prägen kann.]

Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information, nicht der Diagnostik oder Paarberatung. Er wurde gewissenhaft recherchiert, dennoch erhebt er weder Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden. Von einer depressiven Erkrankung Betroffenen wird dringend eine Psychotherapie bzw. die Konsultation einer Ärztin bzw. eines Arztes oder einer Psychotherapeutin bzw. eines Psychotherapeuten angeraten. Dies gilt insbesondere im Falle von Suizidalität und/oder selbstverletzendem Verhalten.


Weitere interessante Beiträge