Was denken eigentlich die Anderen über mich?!

Wie man sich mit den „Augen der Anderen“ betrachtet und in welche Fallen man dabei tappen kann

Wäre es nicht schön, endlich einmal zu erfahren, was Andere WIRKLICH über uns denken?

Na gut, enge Freunde kann man ja einfach fragen. Wenn sie uns wohlgesonnen sind, werden wir eine ehrliche Antwort erhalten, die uns weder diplomatisch überhöht noch völlig durch den Kakao zieht. Aber wie sieht das mit all den anderen Menschen aus, die wir tagtäglich treffen und die (oft) auch eine Meinung über uns haben? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir ein wenig ausholen …

Zunächst einmal sollten wir uns bewusst machen, dass uns niemand auf diesem Planeten so gut kennt wie wir selbst. Warum? Ganz einfach, weil wir 24/7 in unserem eigenen Körper stecken und zudem noch direkten Zugang zu unseren bewussten Gedanken und Gefühlen haben. (Übrigens: Auch kein anderer Mensch auf diesem Planeten hat mehr Vorurteile über uns …) Die Herausforderung besteht also darin, die eigene Meinung sauber von der Meinung der Anderen abzugrenzen.

Merke:

„Niemand kennt uns so gut wie wir selbst und niemand hat mehr Vorurteile über uns.“

Mit diesem Premium-Zugang zum eigenen Innenleben geht gleichzeitig eine besondere Form der Selbstaufmerksamkeit einher: Wir suchen überall an und in uns nach Makeln und Fehlern. Warum? Weil negative Dinge, wie Psychologen inzwischen auch experimentell zeigen konnten, einfach mehr auffallen (was evolutionär betrachtet Sinn macht). Und wenn man 24/7 mit sich selbst zusammen ist, dann entgeht einem nun mal fast nichts. Das Problem: Wenn man einem (vermeintlichen) Makel ganz viel Aufmerksamkeit schenkt, wird er in der eigenen Wahrnehmung riesengroß.

Merke:

„Wir sind in der Regel viel zu selbstkritisch.“

Wenn wir uns jetzt die Frage stellen, was die Anderen wohl über uns denken mögen, müssen wir all diese Punkte im Hinterkopf behalten:

a.) Wir haben ein enormes Wissen über uns selbst,

b.) wir haben eine (meist sehr stabile) Meinung über uns selbst und

c.) wir neigen naturgemäß zur Selbstkritik (einige Menschen mehr, andere weniger). Letztere ist übrigens ein Grund dafür, dass wir uns vor der Meinung der Anderen mitunter so sehr fürchten.

Merke:

„Wir sehen uns immer erst einmal durch die eigene Brille.“

Nun interessieren wir uns ja aber eigentlich für die Meinung der Anderen (Fremdbild), nicht für unser Selbstbild. Wir wollen nicht einen Blick in den Spiegel werfen, sondern uns durch fremde Augen betrachten. Um das Fremdbild realistisch einschätzen zu können, müssen wir für eine Weile all die exklusiven Informationen ausblenden, die (nur) wir selbst über uns haben – und gleichzeitig auch alle Selbstbewertungen! Nur dann können wir uns einer Außenperspektive annähern. Der Blick des Anderen ist eben ein anderer Blick als der unsere.

Merke:

„Wir wissen viel weniger darüber, was Andere (in uns) sehen, als wir zu wissen meinen.“

Das gilt ebenso für eine kurze Begegnung auf der Straße wie für ein Date oder eine längere Freundschaft. Wir neigen dazu, die Welt in unseren eigenen Farben zu färben, stark abhängig von unserem eigenen Wahrnehmungsfokus, Wertungen und Gefühlen. Dafür wenden wir meist enorme kognitive und emotionale Ressourcen auf. Wir kreisen um uns selbst, stehen in einem ständigen Dialog mit uns. Interessieren wir uns wirklich für das Fremdbild, müssen wir uns von diesem „Ich-Kreisen“ lösen – und damit auch von der Härte, mit der wir mit uns selbst häufig ins Gericht gehen! Denn für die Anderen gilt ja dasselbe wie für uns: Auch sie sind sich selbst der größte Kritiker und haben (insgeheim) Angst vor unserer Meinung über sie.

Merke:

„Was die Anderen über uns denken, hat häufig herzlich wenig damit zu tun, was wir selber über uns denken.“

Es kann ein echtes Abenteuer sein, die eigene Brille abzusetzen und sich WIRKLICH durch die Augen des Anderen zu betrachten. In einer langen Partnerschaft, die bereits eine stabile Vertrauensbasis aufgebaut hat, kann das besonders spannend sein. Und nicht zuletzt auch horizonterweiternd.

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