Wann gehen die meisten Menschen fremd?

Je nach Studie und Befragung sind zwischen einem Drittel und der Hälfte aller Deutschen bereits mindestens einmal in einer ihrer Beziehungen fremd gegangen. Beinahe jeder Zweite suchte also außerhalb der Beziehung etwas, das er zuhause nicht fand – oder nicht zu finden glaubte

Das ist eine erschreckende Menge untreuer Partner. Diese Zahl soll keine Panik schüren, aber Bewusstsein schaffen. Denn die Chance, dass es immer nur „die Anderen“ trifft, steht danach nicht gerade gut. Oder: Wenn jeder Zweite untreu ist, dann geht in jedem Paar statistisch ein Partner zumindest potentiell fremd.  Eine Studie von Adam Alter und Hal Hershfield von den Universitäten New York und Kalifornien hilft nun, die Anlässe näher einzugrenzen.

Riskant ist danach das Jahr vor einem runden Geburtstag. Wird Ihr Partner oder Ihre Partnerin also bald 20, 30 oder 40, ist die Gefahr eines Seitensprungs am größten. Übrigens tun sich Frauen und Männer da nichts mehr: Untreue ist keine Frage des Geschlechts.

Die Untersuchungsergebnisse decken sich mit meinen Erfahrungen aus der Beratung. Gerade vor runden Geburtstagen hinterfragen viele Menschen ihr Leben und ihre Ziele. Habe ich erreicht, wovon ich geträumt habe? Kann ich das überhaupt noch erreichen? Verpasse ich etwas?

Je nach Frust-Level folgt darauf: Wer hindert mich daran, meine Ziele zu erreichen? Die Antwort auf diese Frage ist einfach und schwierig zugleich: Ich. Gründe können sein: Zeitmangel, Antriebslosigkeit, neue Interessen, andere Prioritäten, Enttäuschungen …

Wer ehrlich ist, wird zugeben müssen, dass der innere Schweinehund sich noch nie in Bewegung gesetzt hat, wenn Entschuldigungen irgendwo anders als bei sich selbst gesucht und gefunden werden. Besonders problematisch: Wenn der Partner oder die Partnerin zum Sündenpock gemacht werden. Dann lautet die Antwort nämlich: Du bremst mich aus. Du verhinderst, dass ich meine Potentiale entwickle. Statt meiner Wünsche erfülle ich dir deine. Wo bleibe ich dabei?

Es ist in Ordnung, sich in unterschiedlichen Lebensphasen Sinnfragen zu stellen. Gar keine Frage. Doch wenn daraus Torschlusspanik wird, besteht die Gefahr zu unüberlegten Handlungen. Mit Argumenten wie “Nutze die Gelegenheit, morgen kann es zu spät sein” ist ein Seitensprung leicht zu rechtfertigen und eine Gelegenheit für eine Affäre ist dann nur einen Wisch auf dem Smartphone oder ein Lächeln auf der Dienstreise entfernt.

Eine Entschuldigung ist das aber nicht. Denn wenn mir etwas fehlt in meiner Beziehung, dann muss ich darüber sprechen. Nur dann hat der Partner überhaupt die Möglichkeit, darauf reagieren zu können. Behalte ich meine Sorgen und Zweifel für mich, nehme ich mir selbst die Chance, eine Veränderung anzustoßen.

Ein solches Gespräch über vermeintlich verpasste Chancen und Lebensziele zu führen, mag nicht angenehm sein. Aber es rechtfertigt nicht, einseitig die exklusive intime Beziehung aufzukündigen. Auch nicht, wenn man meint, im Leben etwas zu verpassen. Wenn dieser Wunsch so gewaltig ist, dann sollte man auch in der Lage sein, ihn zu formulieren und mit dem Partner oder Partnerin am besten gemeinsam zu erfüllen, oder, wenn das nicht möglich ist, den Konflikt gleichberechtigt zu lösen.

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