Das freundliche Nein

Ein Mensch, der klar und deutlich seine Meinung vertritt, wird respektiert, weil er Format und Stärke zeigt.  Vielleicht ist dein Partner zunächst nicht ganz so begeistert von dieser neuen Fähigkeit, da es alte Gewohnheiten durcheinanderbringen kann. Der neue und ehrlichere Umgang miteinander führt jedoch zu einem Kontakt auf Augenhöhe und zu mehr Respekt voreinander.

Solltest du jedoch eher zu den Menschen gehören, die leicht Nein sagen können und sehr gut auf ihre eigenen Bedürfnisse achten, könnte es dir und deiner Partnerschaft möglicherweise gut tun, dein gewohntes Nein bewusst zu überprüfen und öfter mal ein Ja zuzulassen. Hierzu empfehlen wir dir Kapitel 13 über den Widerstand in der Liebe. Du kannst auch mal schauen, ob du vielleicht eine Partnerin angezogen hast, die sich leicht verunsichern lässt und eher Ja sagt, auch wenn sie Nein meint. In diesem Fall könntest du auf deine Partnerin zugehen und sie ermutigen, öfter mal ehrlich ihre Meinung auszudrücken.

Solo-Übung:  Zu dir stehen und liebevoll Nein sagen lernen

  • Schreib dir als erstes auf, wo du in deiner Beziehung JA sagst, obwohl du eigentlich NEIN meinst. Schreib ruhig frei heraus in dem Wissen, dass zu einer Beziehung auch Kompromisse gehören, wenn sie sich für dich gut anfühlen und du dich selbst dabei nicht verlässt. Werde dir darüber bewusst, wo du dich verbiegst und Dinge tust, die du eigentlich nicht willst. Genau diese Situationen können irgendwann das Fass zum Überlaufen bringen.
  • Wenn du die Liste fertig hast, spüre nach, warum du in diesen Situationen Ja sagst. Sei ehrlich: Wovor hast du Angst? Was könnte passieren? Du kannst diese Angst kennenlernen und dich mit ihr auseinandersetzen, indem du sie in deinem Körper fühlst, ihr Raum gibst und sie nicht weiter verdrängst.
  • Wähle von deiner Liste die einfachste Situation, wo du üben kannst, in Liebe Nein zu sagen. Probiere es mutig aus. Wenn dein Partner dich sofort verlässt, nur weil du einmal Nein gesagt hast, war er sowieso nicht der Richtige. ;o)

Christinas Sichtweise:

Ich weiß noch wie heute, wie es war, als ich zum ersten Mal den Mut fasste, ehrlich Nein zu sagen. Ich war innerlich fest davon überzeugt, dass nun die gesamte Beziehung ins Wanken geraten könnte. Es fühlte sich so dermaßen bedrohlich an, zu mir zu stehen. Ich hielt es kaum aus und begann, mich für mein Nein zu rechtfertigen. Überraschenderweise fand es mein Gegenüber gar nicht so schlimm und konnte sogar darüber lachen.

Bei Walter finde ich es regelmäßig toll, wenn er Nein sagt. Es gibt mir das Gefühl, mich darauf verlassen zu können, dass er das, wozu er dann Ja sagt, auch gerne macht. Natürlich kommen wir einander entgegen und gehen Kompromisse ein. Ich gehe gerne auf etwas ein, was ihm wichtig ist, wenn es mich selbst nicht allzu viel kostet. Das sage ich ihm dann auch.  Diese offene Art erlaubt es uns, uns über das Entgegenkommen des Anderen einfach zu freuen. Wir wissen, dass er es gerade für uns tut und gleichzeitig gut auf sich selbst achtet.

In Seminaren kommen immer wieder Frauen zu mir, die sich jahrelang für ihren Mann verbogen haben und darüber regelrecht krank wurden. Die Beziehung wurde darüber oft zur reinen Zweckgemeinschaft. Der Weg zurück zur Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse ist dann oft schwer. Liebevoll Nein sagen lernen ist ein wichtiger Teil dieses Wegs, der meiner Erfahrung nach zu sehr viel mehr Freiheit und Wachstum führt.


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