Mein Yesterday Man

Dabei hatte ich schon alle Chancen auf eine gemeinsame Zukunft verspielt, weil ich nie einen Zweifel daran ließ, dass ich keine Familie wollte. Es tut mir nicht leid. Die Zeit war unser unerbittlicher Gegenspieler. Nach meiner letzten Prüfung trennten sich unsere Wege, das war uns immer klar gewesen. Ich tauchte dann noch einige Male als Besuch auf und seine Freude war jedes Mal offensichtlich. Er suchte Gelegenheiten, mit mir allein zu sein und wir genossen die körperliche Nähe. Mein Rausch hielt immer einige Tage an, bis mich die Sehnsucht und danach der Alltag wieder einholten.

Ich lernte nach einigen Wochen in meinem neuen Leben mehr als 120 km entfernt einen anderen Mann kennen, der mich magisch anzog. Weil er verheiratet war, blieb ich aber auf der Hut. Und weil ich die Sehnsucht nach meinen Yesterday-Man noch immer mit mir herumschleppte. Ein weiterer Besuch bei ihm, zu dem er sich nur zögerlich bereit erklärt hatte, brachte dann eine schmerzhafte Wende. Er hatte eine Entscheidung gefällt, wollte sein Haus umbauen und eine Familie gründen. Damit war ich endgültig raus.

Es traf mich mitten ins Herz und zog mir den Boden unter den Füßen weg, aber immerhin wusste ich nun, woran ich war. Er hat uns rückblickend damit einen Gefallen getan, aber es war ein sehr schmerzhafter Prozess und hat lange gedauert, ihn aus meinem Kopf und meinem Herzen zu bekommen. Wenn es das mit uns gewesen wäre, dann würde ich diese Geschichte nicht erzählen. Denn es war nicht das Ende.

Danach vergingen mehr als zehn Jahre absoluter Funkstille zwischen uns beiden. Manchmal dachte ich dennoch an meinen Yesterday-Man, mit einer Mischung aus Wehmut und leiser Bitterkeit. Sogar dann, wenn ich einen anderen Mann umarmte. Einige Jahre, nachdem ich beruflich Fuß gefasst hatte, lernte ich meinen langjährigen Partner kennen. Ich fand ihn von Anfang an interessant, aber ich hatte keine weitergehenden Ambitionen, denn er war verheiratet und ich hing noch an einer einst aufregenden Affäre. Mein heutiger Langzeitpartner machte aus seinem Interesse für mich keinen Hehl. Noch nie hat sich ein Mann so um mich bemüht, aber er hat sich dennoch bis heute nicht scheiden lassen – ich bedaure es nicht mehr. Er hat mir in den vielen Jahren so oft beigestanden, wenn ich ihn brauchte, dass er zu einem ganz wichtigen Bestandteil meines Lebens geworden ist. Sexuell ist es zwischen uns immer gut gelaufen, auch dadurch ist eine tiefe Bindung entstanden.


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