Ich habe mich für mein Kind und gegen eine Abtreibung entschieden

“Danke, dass du mein Herz gebrochen hast!” Ein Brief an den Vater ihres Kindes von einer anonymen beziehungsweise-Leserin.

“Danke, dass du mein Herz gebrochen hast!” Ein Brief an den Vater ihres Kindes von einer anonymen beziehungsweise-Leserin

Ich war so sehr in dich verliebt. Wie eine 13-Jährige habe ich mich aufgeführt, wenn es um dich ging. Du warst meine große Liebe. Dachte ich jedenfalls. Du hattest alles, was ich mir von einem Mann zu wünschen glaubte. Ich kannte deine Macken und wusste durchaus, dass du manchmal nicht ganz einfach sein kannst, aber nichts davon konnte meine Liebe zu dir trüben. Ich habe dich so sehr geliebt  vielleicht schon etwas zu sehr. Aber vor allem habe ich dich geliebt bevor ich wusste, wie ich mich selbst lieben könnte. Und deshalb habe ich uns kaputt gemacht.

Ich war so bedürftig

Zwar habe ich mir immer gewünscht, um meiner selbst willen geliebt zu werden. Ich wollte, dass du mich in meinen verrücktesten Momenten ansiehst und dir denkst: „Wow, das Mädchen ist ja durchgeknallt und genau das liebe ich an ihr!“, aber selbst konnte ich das noch lange nicht sehen. Ich konnte nicht erkennen, dass mein schiefer Gesang und mein leidenschaftlicher Glaube an die Existenz von Drachen sehr wohl liebenswert sind. Viel mehr dachte ich, meine Persönlichkeit sei eine Art belastendes Päckchen, das ein Mann bei mir mit dazu bekäme, auf das man aber eigentlich lieber verzichtet hätte. Ballast. So wie nervige Newsletter, wenn man an einem Gewinnspiel teilnimmt. Braucht kein Mensch.

Und weil ich so über mich selbst dachte, wurde ich auch genau das: ein Klammeräffchen, das tonnenschwer wog. Emotional bis ins Kleinste von dir abhängig. Ich habe dir die Verantwortung für meine Gefühle und mein Befinden gegeben. Ich dachte, das einzige, womit ich dich von mir überzeugen könnte, wäre mein Körper. Und als es dann so weit war, war es für mich die reinste Gefühlsexplosion. Für mich haben wir wirklich „Liebe gemacht“. War es das für dich auch? 

Für mich wirkte es fast wie Schicksal …

… wie ein Zeichen, dass wir wirklich füreinander bestimmt waren, als im darauffolgenden Monat meine Periode ausblieb. Zwei Tests machte ich, beide lieferten dasselbe Ergebnis, das meine Frauenärztin noch am selben Tag bestätigte. Ich erhielt das erste Ultraschallbild von diesem kleinen Zellhaufen, der sich ungefragt in mir eingenistet hatte, und eine Beratung zum Thema Abtreibung. Völlig überfordert mit dieser Nachricht, verlangte ich von dir ein Treffen. Es fiel dir schwer zu glauben, dass du der Vater warst, immerhin hatten wir sehr wohl verhütet. Aber du fingst mich auf. Du versprachst mir, für mich da zu sein, egal wie ich mich entscheiden würde. „Vielleicht können wir uns dann ein Haus mieten. Und dann sollten wir auch darüber nachdenken, zu heiraten, dann ist das mit dem Sorgerecht einfacher“, hast du gesagt. Und ich konnte sie sehen, diese glückliche Zukunft, in der du und ich eine Familie sein würden. Ich habe dir jedes Wort geglaubt. Ich bin mir sicher, dass du es auch so gemeint hast. Du hast es damals selbst geglaubt. 


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